Harte Monate liegen hinter Axel Witsel. Nicht nur, dass sich Corona ausbreitete in der Familie und die Mutter schwer traf, sondern auch wegen der wohl schlimmsten Verletzung, die sich ein Fußballer zuziehen kann: Riss der Achillessehne. Er habe „den Kopf nicht hängen lassen“, erzählt der 32 Jahre alte Belgier im Interview.

Stattdessen habe er sich seinen Landsmann Christian Benteke zum Vorbild genommen, der im Rekordtempo zurückkam. Witsel wollte zur EM. „In meinem Kopf reiften die Gedanken, dass ich es schaffen könnte.“ Er schaffte es! Und auch privat ist alles wieder an Ordnung. Bei der Mama – und noch mehr in den eigenen vier Wänden, wo ein Kinderzimmer mehr benötigt wird ... 

Die Freude über den 3:1-Sieg in Leipzig fällt am 9. Januar 2021 allenfalls gedämpft aus. Zwar hat der BVB nach Toren von Erling Haaland (2) und Jadon Sancho einmal mehr bei seinem Lieblingsgegner Verwöhnaroma verbreitet. Und vier Wochen nach dem Amtsantritt von Edin Terzic mehren sich die Anzeichen, dass dessen Wiederaufbauprogramm greifen könnte – und dass das Dortmunder Spiel nicht mehr auf allzu wackligen Stelzen steht. Aber die schwere Verletzung Axel Witsels erstickt jeden Anflug von Euphorie im Keim. Dem Mittelfeldspieler reißt nach knapp einer halben Stunde ohne Gegnereinwirkung die linke Achillessehne. „Es hörte sich so an, als ob ein Stück Holz in zwei Teile bricht“, wird der Belgier später den Ruhr Nachrichten erzählen, „ich wollte auf meinen Füßen stehen, aber der linke Fuß hat nicht reagiert, ich hatte keinen Kontakt mehr zu meinem Fuß. Ich wollte ihn anheben, aber er hat nicht gehorcht.“  

Drei Tage nach Leipzig wird Witsel 32 Jahre alt. In Feierstimmung befindet er sich nicht, es ist große Traurigkeit, die sich nach der niederschmetternden Diagnose bei ihm breitmacht. Ein Achillessehnenriss gehört zu den Horror-Verletzungen eines Sportlers, eine lange Reha folgt, ein einsamer Kampf gegen sich selbst. Was Witsel zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnt: In den nächsten Wochen werden seine Emotionen mit ihm Achterbahn fahren – privat erst mit bedrückenden Sorgen und dann mit dem unbeschreiblichen Glücksgefühl, das sich bei der Geburt seines dritten Kindes (3965 Gramm, 50 Zentimeter) einstellt, sportlich mit einem Comeback, das noch rechtzeitig zur Europameisterschaft erfolgt und deshalb an ein Wunder grenzt. 

Axel, Du bist im Mai Vater eines Sohnes geworden. Wie geht es zuhause mit Aydji?
Gut, gut, er ist jetzt vier Monate alt. 

Was bedeutet dieser Name? 
Wir suchten nach einem Namen, der mit einem „-i“ endet und so ähnlich klingt wie der unserer beiden Töchter. Sie heißen Mai-Li und Evy. Deshalb haben wir uns für Aydji entschieden. 

Interessieren sich Deine beiden Mädchen bereits ein bisschen für Fußball?
(lacht) Sie spielen lieber mit Puppen. Aber sie fragen schon: Wann können wir mal wieder mit ins Stadion? Sie mögen Fußball, vor allem Evy mit ihren vier Jahren. 

Hinter Dir liegt eine stürmische Zeit. Dein Achillessehnenriss, die Corona-Erkrankungen in Deiner Familie, die Geburt Deines Sohnes, das Comeback – waren die ersten Monate 2021 die aufregendsten Deines Lebens?
Sagen wir besser: Es waren die härtesten Monate für mich. Sportlich wegen der Verletzung. Niemand wusste am Anfang, wie viel Zeit es brauchen würde. Und privat in erster Linie wegen der Corona-Pandemie. Ich wurde krank, meine Frau, meine Kinder. Bei meiner Frau und den Kindern ohne Symptome. Meiner Mutter ging es sehr schlecht, sie lag zwei Wochen auf der Intensivstation im Krankenhaus. Mittlerweile ist wieder alles in Ordnung. 

Gab es einen Moment im Frühjahr, wo Dir das alles zu viel wurde?
Das nicht. Nur war etwas viel Negativität um uns herum. Eine Familie zu haben, die zusammensteht und sich gegenseitig Kraft gibt, ist ein Licht in solchen Tagen. 

Du bist Katholik. Hat Dir Dein Glaube in dieser schwierigen Phase geholfen?
Nur so viel: Ich glaube an Gott. Doch darüber spreche ich nicht gerne, das ist etwas sehr Persönliches. 

Wie viel Energie war nötig, gegen all diese Probleme anzukämpfen und sie am Ende zu besiegen?
Ich hatte im Januar zwei Möglichkeiten: Wegen der Verletzung den Kopf hängen – und mich runterziehen zu lassen. Oder zu kämpfen und Gott zu danken. Der Achillessehnenriss war meine erste schwere Verletzung in fast 16 Jahren Profifußball. Es gab also keinen Grund, mich zu beklagen. Ich habe die Verletzung angenommen und versucht, wieder gesund zu werden. 

Welche Rolle spielte die anstehende Europameisterschaft und Dein Traum, doch noch daran teilzunehmen? 
Am Anfang habe ich darüber gar nicht so sehr nachgedacht. Ich wusste ja gar nicht, wie die Reha verlaufen würde und ob mein Körper darauf reagiert. Erst ab März, als gut acht Wochen ohne Komplikationen hinter mir lagen, habe ich daran geglaubt, dass es mit der EURO noch klappen würde. Das habe ich nicht an die große Glocke gehängt, aber in meinem Kopf reiften die Gedanken, dass ich es schaffen könnte. 

Fachleute sagen, dass es sechs bis acht Monate dauert, um nach einem Achillessehnenriss wieder spielfähig zu werden. Du hast Dich nach fünf Monaten und einer Woche zurückgemeldet. Hattest Du nie Sorge, dass Du zu sehr aufs Tempo drückst? 
Wir hatten alles unter Kontrolle. Bei einem Leistungssportler geht das etwas schneller als bei Dir (lacht). Ein großes Risiko bestand nicht. Zumal ich ein leuchtendes Beispiel aus der belgischen Nationalmannschaft vor Augen hatte: Christian Benteke (Crystal Palace, die Redaktion) war mit einem Achillessehnenriss in der Saison 2013/14 nach fünf Monaten und zwei Wochen zurückgekommen. Das hat mir Mut gemacht. Wenn er das geschafft hat: Warum sollte mir das nicht gelingen? 

Wie viele Stunden am Tag hast Du Dich quälen müssen? 
Als ich die Boots noch tragen musste: zwei Stunden. Später fast jeden Tag zweimal zwei Stunden. Nur sonntags hatte ich frei. 

Warum hast Du die Reha in Belgien absolviert? 
Das hat nichts mit den Fachleuten beim BVB zu tun. Aber: Die Ärzte und Physios in Belgien kennen mich, seitdem ich 18 war. Außerdem halte ich es für mental besser, wenn ich nicht jeden Tag meine Dortmunder Kollegen im Gym oder auf dem Rasen sehe – und ich arbeite allein vor mich hin. Das wäre schwierig gewesen... 

...weil es Dir das Herz gebrochen hätte? 
In der Reha habe ich viele andere Sportler getroffen. Sie alle waren in der gleichen Situation: Sie kämpften um ihr Comeback. Das motiviert dich jeden Tag.  

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In welchem Tempo Witsel mit eiserner Zuversicht die komplizierte Verletzung überwindet und der Ehrgeiz, den er dabei entwickelt, nötigt Sebastian Kehl höchsten Respekt ab. „Axel war verliebt in den Gedanken, diese EURO zu spielen“, sagt der Lizenzspielerleiter des BVB, darauf habe er „seine Reha ausgerichtet“, nachdem sie gut angelaufen war. Irgendwann im Mai erhält Michael Zorc dann einen Anruf von Roberto Martinez. Belgiens Nationaltrainer weiht ihn in das anfangs noch verwegen klingende Vorhaben ein, Witsel in seinen EM-Kader zu berufen. „Martinez hat mir erklärt, wie er mit Axel vorgehen möchte“, verrät Zorc, „das alles klang glaubhaft und plausibel.“ Am wichtigsten für den BVB-Sportdirektor: Martinez verspricht ihm, kein Risiko mit Witsel einzugehen. Er soll sorgsam aufgebaut – und frühestens im zweiten Turnierspiel eingesetzt werden. Als kurz darauf der Anruf kommt, dass der Dortmunder Profi tatsächlich nominiert wird, steckt darin eine klare Botschaft: Alle wollen es. Alle sehen es positiv. Alle glauben an Witsel. 

„Dass Axel dann tatsächlich im endgültigen Aufgebot stand, untermauert seine Wichtigkeit, die er für die Nationalmannschaft hat“, sagt Kehl. „Welcher Nationaltrainer nimmt einen Spieler mit, der fast ein halbes Jahr nicht spielen konnte? Das war ein mutiger, ein progressiver Schritt.“ Martinez hält sich beim kontinentalen Kräftemessen exakt an den vorher zugesagten Zeit- und Einsatzplan: Witsel wird im zweiten Spiel gegen Dänemark (2:1) eingewechselt und erhält in den noch folgenden Begegnungen gegen Finnland (2:0), Portugal (1:0) und Italien (1:2) das Mandat für die Startelf. 

Nach drei Wochen Urlaub erscheint er Ende Juli gesund, erholt und motiviert im Trainingslager in Bad Ragaz in der Schweiz. Dafür zollt Zorc der belgischen Teamführung Dank und Anerkennung: „Axel ist in einer guten Verfassung zurückgekommen.“ Schon kurz nach der Ankunft in der Schweiz gewährt Witsel in einer Medienrunde Einblick in sein Innenleben. Er fühle sich „wie ein neuer Spieler“, sagt er. „Es war eine lange Zeit ohne das Team. Ich habe die meisten der Jungs und die Leute aus dem Staff seit sechs Monaten nicht gesehen. Umso glücklicher bin ich, wieder hier zu sein.“ 

Mittlerweile liegen schon eine Reihe von Einsätzen in Klub und Nationalmannschaft hinter Dir. Wie hast Du das weggesteckt?
Bisher ohne Probleme. Ich fühle mich sehr gut. 

Gegen Frankfurt, die Bayern, Freiburg und Hoffenheim musstest Du wegen diverser Ausfälle in der Abwehr aushelfen. Eher schweren Herzens?
(lacht) Jeder weiß, dass das nicht meine Lieblingsposition ist, das muss ich ja nicht eigens betonen. Aber es war okay. Der Trainer fragte mich, ob ich schon einmal in der Innenverteidigung gespielt hätte. Das war eine listige Frage: Er wusste bestimmt, dass ich in der Champions League gegen Brügge schon einmal eingesprungen war. Das erste und einzige Mal bis dahin. 

Witsel macht das Beste aus Marco Roses Auftrag, er ist kein gelernter Innenverteidiger (was man ihm in der einen oder anderen Szene auch anmerkt), aber seine Zweikampfwerte stimmen, die Sicherheit und Präzision im Spielaufbau hat ohnehin nie jemand infrage gestellt, und wenn es dann doch einmal brenzlig wird, hilft ihm seine Routine, die Situation abgezockt zu lösen. Rose lobt „fußballerische Klasse, Ruhe und Klarheit“ seines Not-Verteidigers, „er hat uns Stabilität gegeben.“ Als sei dieser Slogan exklusiv für Witsel erfunden worden, charakterisiert der einstige Leitspruch des Elektrokonzerns AEG den Dortmunder Fußballer mit verblüffender Genauigkeit – aus Erfahrung gut. Überraschen und erschüttern kann ihn auf dem Platz nichts mehr; selbst wenn sich ein Sturm zusammenbraut, verfällt er nie in Panik, weil er jede Szene (oder die meisten) in seiner langen Karriere schon erlebt hat – und selbst auf knifflige Fragen eine Antwort weiß. 

Der gerne herangezogene Vergleich mit dem aus Deutschlands Nationalelf zurückgetreten Ballmagneten Toni Kroos passt streng genommen nicht, weil der ein Jahr jüngere Weltmeister von 2014 seinen Tätigkeitsbereich weiter vorn ansiedelt. Wohl aber lassen sich Parallelen in Spielstil und Auftreten dieser beiden Profis finden: Wie Kroos strahlt Witsel Autorität, Souveränität und Gelassenheit aus, wie bei Kroos gehören weder große Gesten noch große Worte zu seinem Naturell. Mehr als 5000 Pässe hat Witsel seit 2018 an seine Dortmunder Teamkollegen adressiert, rund 95 Prozent erreichten ihr Ziel, an dieser bestechenden Marke bewegt sich auch der viermalige Champions-League-Sieger in Diensten von Real Madrid.  

Durchschnittlich 17 Zweikämpfe führt Witsel pro 90 Minuten, gewinnt fast 60 Prozent davon und spult verlässlich zwischen elf und zwölf Kilometer pro Spiel ab. Vor allem in seinem ersten BVB-Jahr setzte der Belgier in seiner auch strategisch bedeutsamen Rolle vor der Abwehr Maßstäbe. „Da war er Weltklasse, der beste Mittelfeldspieler der Liga“, schwärmt Sportdirektor Zorc und fügt hinzu: „Dass es schwer würde, dieses Niveau immer wieder zu bringen, war klar.“ 

Über Deine Art zu spielen, schrieb die Funke-Mediengruppe kürzlich: „Witsel arbeitet wie eine Klimaanlage“. Soll heißen: Du bleibst immer cool, auch wenn die Hitze auf dem Platz steigt. Wie schaffst Du das? 
Das entspricht meiner Persönlichkeit, im Leben und als Fußballer. Ich versuche, immer cool und ruhig zu bleiben. Es kommt nicht oft vor, dass ich meine Selbstkontrolle verliere. 

Im zentralen Dortmunder Mittelfeld herrscht großes Gedränge: Mo Dahoud, Jude Bellingham, Gio Reyna, Emre Can, Julian Brandt oder Marco Reus als Rautenspitze. Was spricht bei so viel Qualität für Dich? 
Tatsächlich meine Erfahrung. Die meisten Jungs bei uns sind sehr talentiert, aber noch sehr jung. Ich finde es gut, dass es diesen Konkurrenzkampf gibt. Das pusht uns alle, im Training und in den Spielen alles zu geben. 

Der BVB vollzieht gerade eine stilistische Kehrtwende. Rose predigt einen aggressiven Stil mit einer hohen Intensität. Gefällt Dir, was Rose „Arbeiterfußball“ nennt? 
Ja, ich mag das. Der Trainer hat sehr gute Ideen, er hat ja auch das System gewechselt. Wir spielen im Mittelfeld jetzt mit Raute. Rose verlangt viel von uns. Ich finde: Das tut uns gut. 

Jeder kennt Deine Fähigkeiten: Ball- und Passsicherheit, Souveränität, Übersicht. Musst Du Deine Art zu spielen unter dem neuen Trainer verändern?
Ich hatte schon viele Trainer in meiner Karriere. Und niemand von ihnen hasst mich (lacht). Es fällt mir nicht schwer, mich an einen anderen Stil anzupassen. Wenn Rose mehr pressen will, dann pressen wir eben mehr. 

Und Du spielst in Zukunft mehr Pässe mit mehr Risiko in die Tiefe?
Das ist es, was der Trainer möchte. Nicht nur von mir, von allen. Wir werden deshalb sicher nicht um jeden Preis jeden Ball nach vorn spielen. Sollte sich aber vor uns ein Raum öffnen, dann muss die Post abgehen.  

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Roses Fußball ist ein anderer Fußball als der, dem Witsel bisher ein Gesicht verliehen hat. Der lebhaften Diskussion, ob die Nummer 28 der Borussia nach der filigranen und eher samtpfötigen Ausrichtung unter Lucien Favre kompatibel mit dieser aktiveren und turbulenten Spielweise der Schwarzgelben sein könne, entzieht Zorc energisch die Nahrung. „Warum denn nicht?“, fragt er und liefert die Begründung gleich mit: „Unser Spiel braucht eine gewisse Reife und auch einmal eine Beruhigung zum richtigen Zeitpunkt.“ Wie Zorc gestattet auch Lizenzspielerchef Kehl keine Zweifel an Wert und Wichtigkeit Witsels – egal in welchem System, egal in welcher Konstellation, egal in welcher Philosophie. Witsel werde immer einen Platz im Team finden: „Weil er Fähigkeiten besitzt, die einer Mannschaft auf und außerhalb des Platzes guttun.“ Als kontrollierender Sechser vor der Abwehr, der auch in schwierigen Phasen den Ball fordert und das Spiel von hinten aufbaut. Das ist seine Mission. Und das Spiel – so gut es geht – mit Drang und Abenteuerlust zu beleben. Wie der Trainer es ihm in sein Pflichtenheftchen schreibt. 

Von Dir sind beim BVB nicht nur spielerische, sondern auch integrative Fähigkeiten gefragt. Fühlst Du Dich wie der Vater für Jungs wie Jude Bellingham und Gio Reyna mit ihren gerade 18 Jahren und wie Youssoufa Moukoko mit 16? 
Einige Spieler rufen mich „Onkel“. Ich bin eben alt – oder sagen wir besser: Ich bin ein erfahrener Spieler. Und ich habe einen guten Draht zu den anderen, zum Beispiel zu Jude, er ist ein richtig guter Junge, hochbegabt. Eines Tages wird er einer der besten Spieler auf seiner Position sein. Er kann gut zuhören, das halte ich für sehr wichtig. Ich bin hier, um ihm und den anderen jungen Spielern zu helfen, auf und außerhalb des Platzes. Das gilt genauso für Marco oder Mats, die das genauso tun. 

Siehst Du Dich als Führungsspieler? 
Sicher. Aber nicht in der Hinsicht, dass ich jeden Tag eine Ansprache halte oder mal mit der Faust auf den Tisch haue. Besser führen kann ich durch die Art und Weise, wie ich Fußball spiele. 

Beim Pokalfinale am 13. Mai warst Du nicht einmal in Berlin. Wo hast Du es gesehen?
Zuhause in Belgien. 

Mit welchen Gefühlen? 
Glücklich und traurig zugleich. Glücklich, weil wir eine Trophäe gewonnen haben. Traurig, weil ich nicht dort war. Ich habe diesen Titel auch gewonnen, ohne das Glücksgefühl zu haben, wenn ich auf dem Rasen gestanden hätte. 

Gibt Dir das eine besondere Motivation zu sagen: Ich will mit Borussia Dortmund unbedingt noch einen großen Titel erobern?
Natürlich. Dieses aufregende Gefühl, ein Endspiel zu spielen oder einen Titel zu gewinnen, würde ich gern mit dem BVB erleben. 

Borussia Dortmund hat große Ziele, leistet sich aber immer wieder Niederlagen wie in Freiburg. Hast Du eine Idee, wie sie sich demnächst vermeiden lassen?
Man wird nicht Meister, wenn man Bayern München zweimal schlägt. Etwas Großes kann man nur erreichen, wenn man auch gegen die sogenannten kleineren Klubs nicht vom Weg abkommt. In den nächsten Wochen und Monaten wird es genau darauf ankommen. 

Wie kann man das Niveau durchgehend hochhalten – ohne dass diese Ausrutscher passieren?
Das fängt schon im Training an. Schon da erwartet Rose von uns die Aggressivität, die er dann auch auf dem Rasen sehen will. 

Du spielst jetzt im vierten Jahr in Dortmund, Dein Vertrag endet 2022. Schon eine Idee, was dann passiert? 
Ehrlich, ich weiß es nicht. Ich habe noch keinen Plan. 

Auch nicht, wie lange Deine Karriere noch dauern soll? 
Vier Jahre vielleicht. 

Dann wärst Du 36 Jahre alt. 
Und 20 Jahre im Fußball. 

In Belgiens Nationalmannschaft spielen mit Thomas Vermaelen (35), Jan Vertonghen oder Dries Mertens (beide 34) einige schon ältere Kollegen. Und noch immer kein Ende in Sicht? 
Ich denke, alle werden bis zur WM in Katar weitermachen. Dahin will ich auch. Und die nächste Europameisterschaft findet in Deutschland statt... So wie man als Profi von Spiel zu Spiel denkt, denke ich von Jahr zu Jahr. 

Belgien startete als Nummer 1 der Weltrangliste bei der EURO und scheiterte im Viertelfinale am späteren Champion Italien. Wie enttäuschend war das?
Sehr enttäuschend. Aber Italien war besser als wir und hatte es verdient. Unserer Generation bleibt jetzt noch eine Chance auf einen Titel. 

Unsere Generation heißt: der Goldenen? 
Wir Spieler sagen das nicht, schließlich haben wir bis hierhin noch nichts gewonnen. Das ist nur in der Öffentlichkeit und in den Medien ein Thema. 

Und bezieht sich sicher auch auf die Qualität der Spieler, wenn man an Eden und Thorgan Hazard, an Romelu Lukaku oder an Dich denkt.
Sicher. Die Qualität ist da. Doch ich würde es bevorzugen, von einer Goldenen Generation zu reden, wenn wir auch mal etwas gewinnen.  

Was 2022 mit Witsel geschieht? Darüber soll in Dortmund zu gegebener Zeit befunden werden. „Axel ist ein Musterprofi“, betont Sportdirektor Zorc, „er wird immer seinen Wert haben“. Lizenzspielerchef Kehl verweist auf das hohe Ansehen Witsels: „Axel genießt großen Respekt bei allen, er ist mit seiner Art unglaublich beliebt.“ 
Autor: Thomas Hennecke 
Fotos: Alexandre Simoes