Nach meiner Einschätzung wollen ungefähr 85 Prozent der Deutschen, dass die Bundesligavereine die Polizeieinsätze an Spieltagen zahlen. Diese Zahl überrascht nicht. Schließlich gehen ungefähr 95% aller Deutschen selten bis nie ins Stadion.

Und alle Nicht-Stadiongänger, diesen Eindruck bekommt man beim Studium der Meinungsseiten im Netz, geraten wegen der bösen Bundesliga in eine finanzielle Schieflage. Warum reicht es für viele Deutsche nur zum Mittelklassewagen? Woran scheitert der Erwerb von Wohneigentum? Weshalb geht’s in den Ferien nur nach Timmendorf und nicht an die Cote d‘Azur? Weil geldgeile Vereine und vollgestopfte Profis nicht genug bekommen! Und den braven, hart arbeitenden Bundesbürger indirekt zur Kasse bitten. Vielleicht ist es an der Zeit, das Ganze einmal aus der Sicht der kleinen Minderheit zu betrachten.

Welche Fragen stellen sich eigentlich die Stadiongänger, wenn sie tatsächlich einmal indirekt über die Ticketpreise oder direkt über den immer wieder mal geforderten „Sicherheits-Euro“ die Polizei bezahlen müssen? Es folgt eine kleine Auswahl an Fragen, die uns beschäftigen werden, wenn sich die Befürworter der Kostenbeteiligung irgendwann einmal durchgesetzt haben sollten.

  1. Weshalb müssen Hunderttausende von Steuerzahlern, die unseren Staat und damit auch die Polizei finanzieren, genau in dem Moment zusätzlich in die Tasche greifen, wenn es zu den größten Versammlungen kommt, die unsere Gesellschaft erlebt?
  2. Weshalb müssen zwei steuerzahlende Eltern, die mit ihren beiden Kindern – alle vier selbstredend unvermummt – ins Stadion gehen, einen vierfachen Sicherheitsobolus entrichten, während die Neo-Nazi-Demo zurecht und kostenfrei von unseren Ordnungshütern geschützt wird?
  3. Dürfen die vier Familienmitglieder, wenn es bei Mainz gegen Freiburg wieder mal friedlich abgegangen ist, ihre Sicherheitseuros zurückverlangen?
  4. Dürfen die Bundesligavereine nach einer Serie von reibungslos verlaufenen Spielen, die auch heute schon die Regel sind, ein Wörtchen mitreden bei der Zahl der eingesetzten Polizisten?
  5. Was bedeutet die Einführung des Verursacherprinzips bei der Finanzierung der Polizeieinsätze künftig für Volksfeste, Paraden, Kirchentage und Konzerte?
  6. Wie kommen Polizei und Politik dazu, von Privatveranstaltungen zu sprechen, bei denen ein Unternehmen ausschließlich eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt, nachdem das Bundeskartellamt höchstselbst den Vereinen deutlich gesagt hat: Das, was Ihr macht, ist von so einem großen öffentlichen Interesse, dass wir Euch verpflichten, Eure Spiele schon kurz nach Abpfiff dem Rest der Republik zu zeigen?

Und schließlich: Die 18 Millionen Zuschauer pro Saison würden mit ihrem Sicherheitseuro jeden Bürger unseres Landes um gut 20 Cent im Jahr entlasten! Glaubt irgendjemand wirklich, dass es sich in einem Staat, in dem die Steuerzahler mit einem dreistelligen Milliardenbetrag die Banken und den Euro gerettet haben, bei dieser Polizeikosten-Debatte um mehr handelt als um eine Nebelkerze?

Hansi Küpper

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Die Kolumne spiegelt die Meinung des Autors wider.