Jubel im Mai – Tristesse im November. Im Jahr der Extreme erlebt Borussia Dortmund sechs Monate nach dem Pokalsieg im Mai mit dem anschließenden Jubel-Korso um den Borsigplatz das sportliche Gegenteil, gewinnt im November keines der fünf Spiele auf nationaler und internationaler Ebene.

Die Stimmung ist getrübt, aber sachlich, als sich die Mitglieder am Tag nach einem der denkwürdigsten Derbys zur Mitgliederversammlung treffen. Präsident Dr. Reinhard Rauball richtet später „ein großes Dankeschön an alle, die in der Westfalenhalle zu der harmonischen Jahreshauptversammlung des BVB beigetragen haben, die sich durch Stil und Qualität auszeichnete. Unsere Mitglieder haben eine überzeugende Visitenkarte für Borussia Dortmund abgegeben“. Und sie haben Vize-Präsident Gerd Pieper und Schatzmeister Dr. Reinhard Lunow ohne Gegenstimme in ihren Ämtern bestätigt. Kontinuität also beim „e.V.“, große Zustimmung senden auch die Aktionäre aus, die den Kurs der Geschäftsführung mit Hans-Joachim Watzke an der Spitze sowie Thomas Treß mit sehr viel Lob und Beifall gutheißen. 

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Beifall gibt es tags zuvor auch von den Rängen, orkanartigen sogar, als Borussia Dortmund zur Halbzeit des 151. Revierderbys gegen den FC Schalke 04 mit 4:0 führt. Bereits nach 25 Minuten steht dieses Resultat nach Toren von Pierre-Emerick Aubameyang (12.), einem Eigentor des Schalkers Stambouli nach Sahin-Freistoß (18.), einem Flugkopfball von Mario Götze (20.) und einem Volleyschuss von Raphael Guerreiro (25.) auf der Anzeigetafel. Burgstaller (61.) und Harit (65.) verkürzen dann aber innerhalb von vier Minuten auf 2:4. Als Aubameyang die Gelb-Rote Karte sieht (72.), ist Borussia nur noch zu zehnt. In der 86. Minute schafft Caligiuri das 3:4, und in der vierten Minute der Nachspielzeit wuchtet Naldo einen Eckball zum 4:4-Ausgleich ins Netz. „Wir haben es geschafft, die ersten zwölf Spieltage in einem einzigen Spiel komplett nachzuspielen“, bemerkt Watzke: Toller Start, schwaches Finish.

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Zuvor gibt es Niederlagen gegen Bayern (1:3) und Stuttgart (1:2). Trotz guter Ansätze und hervorragender Chancen für Andrey Yarmolenko und Shinji Kagawa steht es im Gipfeltreffen zur Pause durch Tore von Arjen Robben und Robert Lewandowski 0:2. Nach David Alabas drittem Tor für München (67.) schafft Marc Bartra erst in der 87. Minute den Ehrentreffer für Schwarzgelb. Zwei schnelle Gegentorezu Beginn jeder Halbzeit erschweren dann die Aufgabe beim heimstarken VfB Stuttgart zusätzlich. Akolo trifft in der 5. Minute zum 1:0, mit dem Pausenpfiff gleicht Maximilian Philipp per Elfmeter-Nachschuss zum verdienten 1:1 aus, denn Borussia spielt und kombiniert gerade gegen Ende dieser ersten Hälfte sehr gefällig nach vorn. Fünf Minuten nach Wiederanpfiff vollendet Brekalo indes einen Konter zur neuerlichen VfB-Führung. Yarmolenko trifft zwar zum vermeintlichen 2:2, doch der Treffer zählt nicht, weil eine Hand leicht im Spiel war

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Mit herben Enttäuschungenenden auch die beiden Champions-League-Heimspiele gegen APOEL Nikosia (1:1) und Tottenham Hotspur (1:2). 30 Torschüsse reichen in der Partie gegen Nikosia nur zu einem Treffer durch Raphael Guerreiro. Wie schon im Hinspiel steht auch dieses Mal die gegnerische Torlatte einem möglichen Sieg im Wege, was die Einschätzungen der Verantwortlichen jedoch nicht ändert. Peter Bosz: „Wir mussten zuhause gegen Nikosia gewinnen. Das haben wir nicht getan; das ist schlecht; dafür gibt es keine Entschuldigungen.“ Gegen Tottenham führen die Schwarzgelben zur Pause verdient durch einen Treffer von Aubameyang, der in der 31. Minute nach sehenswerter Vorarbeit von Yarmolenko das 1:0 erzielt. Mit überragenden Paraden kann Roman Bürki zwei Mal das mögliche 1:1 verhindern, doch dann ist er gegen Tottenhams Stürmerstar Kane chancenlos (49.). Das Tor gibt den Spurs Rückenwind, die in der 76. Minute durch Heung-Min Son das 2:1 bejubeln.

Mario Götze fällt bis Anfang des Jahres aus. Bei einer eingehenden Untersuchung werden Bänder-Teilrisse im oberen und unteren Sprunggelenk festgestellt, die er nach gegnerischem Foulspiel im Derby gegen Schalke erlitten hat. Der Mittelfeldspieler muss etwa sechs Wochen pausieren. Sven Mislintat, Leiter Profifußball, verabschiedet sich nach London. „Sven hat bei uns hervorragende Arbeit geleistet. Dies haben wir berücksichtigt, als er mich vor einigen Wochen darum bat, das außergewöhnliche Angebot des FC Arsenal annehmen zu dürfen. Wir wollen ihm diese Chance nicht verwehren“, sagt Sportdirektor Michael Zorc.
Boris Rupert