Erstmals unter Peter Bosz bleibt Borussia Dortmund drei Spiele in Folge ohne Sieg. Was sind die Gründe für diesen Durchhänger in der dritten Oktober-Woche?

Noch vor drei Wochen herrschte Euphorie rund um den Borsigplatz. Der BVB stand ungeschlagen an der Spitze der Fußball-Bundesliga, hatte im September in den Spielen gegen Köln (5:0), Hamburg (3:0) und Gladbach (6:1) fantastischen Fußball zelebriert und selbst harte Pessimisten verstummen lassen. Dass die Erfolge in der Bundesliga, die entstandene Euphorie, ein bisschen die Realität überstrahlte, war aber auch da eigentlich offensichtlich.

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Das Hauptproblem? Es fehlt an Stammpersonal, das aufeinander eingespielt ist, das Abläufe und Positionsspiel im Match über mehrere Wochen auf dem Feld abstimmen konnte. Eigentlich fehlen dem BVB seit Saisonbeginn durch Verletzungen und Sperren in der Abwehr durchgehend mindestens vier Leistungsträger. Am Samstag in Frankfurt waren es mit Sokratis, Toprak, Schmelzer, Guerreiro, Piszczek und Durm sogar gleich sechs Defensivspezialisten, die Peter Bosz ersetzen musste. Dass dies nicht ohne Folgen bleibt, liegt in der Natur der Sache.

Neun unterschiedliche Viererketten in 14 Spielen

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Subotic: Abwehrspieler Nummer 10 in dieser Saison.

In den ersten 14 Pflichtspielen dieser Saison musste Peter Bosz – ob gewollt oder nicht – mit Sokratis (13 Spiele von Beginn in der Viererkette), Piszczek (11), Bartra (8), Toprak (7), Zagadou (6), Toljan (6), Schmelzer (2), Beste, Weigl und Subotic (je 1) insgesamt zehn verschiedene Spieler in der Defensive ins Rennen schicken. Einzig die Abwehrreihen „Piszczek, Sokratis, Bartra, Zagadou“ und „Piszczek, Sokratis, Toprak, Toljan“ konnten drei Mal gemeinsam auflaufen. Piszczek, Sokratis, Toprak und Zagadou immerhin noch zwei Mal. In allen anderen Spielen musste Peter Bosz eine Defensivreihe aufbieten, die so in dieser Saison noch nicht zusammen gespielt hatte. Genauer gesagt standen schon neun verschiedene Viererketten auf dem Platz.

Klar, dass es so an der nötigen Abstimmung fehlt, um jeden Gegner dauerhaft vom Tor fernzuhalten. In vielen Spielen geht dies trotzdem gut. Gegen Mannschaften wie Tottenham, Madrid oder Leipzig, die über eine außerordentliche Offensivqualität verfügen, aber eben nicht immer. Frankfurt hat diese Spiele intensiv studiert, hat den Stil von Leipzig kopiert – und ist über sich hinausgewachsen, wie es normalerweise nur in den wenigsten Spielen einer Saison gelingt. Dass mit Weigl ein Mittelfeldspieler und mit Subotic ein Verteidiger mit nahezu gar keiner Spielpraxis (beide machten ihre Sache trotzdem sehr gut!) in der Zentrale verteidigten, hat die Sache für die Eintracht zudem sicherlich nicht extrem erschwert.

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„Wir mussten auf sehr viele Verteidiger verzichten. Ein großes Kompliment an die, die da gespielt haben. Denn ich weiß, dass es nicht einfach ist, wenn man so lange nicht gespielt hat wie Neven oder auch für Jule, der zum ersten Mal auf dieser Position spielte. Die Jungs haben es gut gemacht“, lobte Bosz seine Schützlinge in der neuformierten Viererkette daher vollkommen zu Recht. Auch den Vorwurf, er habe mit den Wechseln in der Abwehr nach dem 2:0 den Ausgleich quasi „eingewechselt“, entkräftete er: „In dieser Phase war Frankfurt stärker und hatte viele Chancen. Wir wollten schon vor dem 2:0 wechseln und einen echten Verteidiger bringen. Julian ist ein Mittelfeldspieler.“ In der Tat war Frankfurt schon vor den Wechseln kurz davor, den Anschlusstreffer zu erzielen. Nur logisch, dass der Trainer da entgegensteuern wollte.

Fehlendes Glück in der Nachspielzeit

Nun sind die Gründe für die mäßigen letzten drei Spiele aber sicherlich nicht allein bei den wechselnden Defensivformationen zu suchen. „Wir hätten den Sack früh zu machen müssen. Wir hatten mehr als genug Chancen zum 3:0 oder 3:1. Die haben wir leider nicht genutzt“, sagte Peter Bosz nach dem Spiel in Frankfurt. Und es stimmt: Zwar hat der BVB in dieser Spielzeit in der Bundesliga mit 25 Treffern die beste Torausbeute, trotzdem lässt er regelmäßig weitere gute Chancen liegen – in den letzten drei Begegnungen besonders in der Nachspielzeit. Und da ist es dann auch immer ein bisschen eine Frage des Glücks.

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Zum Beispiel als Hasebe für Frankfurt in der 90. den Ball von der Linie kratzte, oder als der Pfosten für Nikosia in der dritten Minute der Nachspielzeit gegen Aubameyang rettete, oder als Gulacsi für Leipzig sensationell in der 92. Minute gegen den Gabuner parierte. „Uns fehlt am Ende ein bisschen das Glück“, erklärt Peter Bosz. Unrecht hat er damit nicht. Der BVB darf sich deshalb nicht beeinflussen lassen. Wenn er weiter an sich glaubt, wird auch das Glück zurückkommen. Klar, es gibt bessere Wochen als die letzte. Eins darf trotzdem nicht vergessen werden: Das Bosz-Team hat weiterhin nur ein Bundesliga-Spiel in dieser Saison verloren und ist auch nach dem 9. Spieltag weiterhin Tabellenführer der Fußball-Bundesliga. Es gibt sicherlich schlechtere Arbeitsnachweise nach neun Spieltagen…
Dennis-Julian Gottschlich