Es wurde laut im SIGNAL IDUNA PARK, als Marcel Schmelzer an der Reihe war. 17 Jahre lang hatte der Linksverteidiger das schwarzgelbe Trikot getragen. Vor dem Spiel gegen Hertha BSC wurde der langjährige Borusse emotional verabschiedet.

„Er ist nicht nur ein überragender Fußballer, sondern auch ein überragender Mensch und Freund. Alles Gute für die Zukunft an unsere Nummer 29, Marcel Schmelzer!“, rief Stadionsprecher Nobby Dickel ins Mikrofon. „Dortmunder Junge“ stand auf der Bande, „Danke, Schmelle“ auf den Anzeigetafeln, als Schmelzer durch das Spalier seiner Mitspieler zur Südtribüne ging. Auch der verletzte Mats Hummels hatte sich dazugesellt, um seinen langjährigen Kollegen zu verabschieden. „Und wir werden immer Borussen sein“, sang die Süd, die den ehemaligen Kapitän zu Beginn der zweiten Halbzeit mit einer Blockfahne ehrte. Zu sehen war ein überdimensionales Trikot mit der Rückennummer 29. Darunter stand geschrieben „Einmal Borusse, immer Borusse“. Nach dem Abpfiff mischte sich Schmelzer noch unter die Fans auf der Südtribüne, bevor er nach einer Ehrenrunde durch ein Spalier aus Mitspielern und Funktionsteam lief.

Marcel Schmelzer war 2005, im Alter von 17 Jahren, zum BVB gekommen. Damals wohnte der gebürtige Magdeburger zunächst im damaligen Jugendhaus in der Nähe des SIGNAL IDUNA PARK – und hat die Strahlkraft von Borussia Dortmund dort richtig zu spüren bekommen: „Am Wochenende, wenn Borussia gespielt hat, hat man eine Menschenmenge am Fenster vorbeiziehen sehen. Selbst wenn es nicht so gut lief, sind trotzdem so viele Menschen mit BVB-Utensilien zum Stadion gepilgert.“ Doch auch durch einen Klassenkameraden, bei dessen Familie er häufig zu Besuch war, hat er sehr viel über den BVB gelernt: „Diese Familie hat mir gezeigt, was Borussia hier in Dortmund bedeutet. Da waren alle schwarzgelb.“

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Als Schmelzer zum BVB kam, hat sich wohl kaum jemand vorstellen können, dass er die gesamte Karriere als Profi für ein und denselben Verein spielen würde. 450 Einsätze sind es geworden, wenn man die Spiele in der U19 und in der U23 mitzählt. Über die A-Jugend und die U23 arbeitete er sich hoch in den Profikader. Am 16. August 2008 debütierte Schmelzer in der Bundesliga. Durch enormen Ehrgeiz und das Vertrauen in die eigenen Stärken und Fähigkeiten entwickelte er sich zur unentbehrlichen Stammkraft. 

Schmelzer stand immer für harte Arbeit und maximale Laufleistung. Er war einer von denen, die immer gewinnen wollten und die das auch in den ganz wichtigen, in den ganz großen Spielen zeigten. Im legendären Champions-League-Viertelfinale 2013 gegen den FC Malaga war er es, der die Mannschaft in scheinbar aussichtsloser Situation nach vorne trieb. Sein früherer Mitspieler Nuri Sahin sagte einmal: „Als ich Schmelle durch die Gesichtsmaske, die er wegen seines Nasenbeinbruchs trug, in die Augen sah, da wusste ich: Wir können es schaffen! Ich sah, wie sehr er es wollte, und wie fest er daran glaubte – und da glaubte ich es auch. Von dem Moment an trug mich der Gedanke: Klopp’ die Bälle nach vorne, immer lang in den Sechzehner!“ 

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Wettbewerbsübergreifend kam der Linksverteidiger in 367 Partien für die schwarzgelben Profis zum Einsatz (7 Tore/34 Vorlagen). 69-mal lief er für den BVB im Europapokal auf – nur vier Akteure absolvierten historisch betrachtet mehr internationale Spiele im schwarzgelben Trikot: Stefan Reuter (85), Lukasz Piszczek (76), Marco Reus (75) und Lars Ricken (74). Schmelzer gewann 2011 und 2012 die Deutsche Meisterschaft sowie 2012, 2017 und 2021 den DFB-Pokal. Von 2016 bis 2018 führte er die Profimannschaft als Kapitän auf den Platz. Wegen einer Knieverletzung stand er jedoch seit dem 17. Juni 2020 nicht mehr für den BVB auf dem Rasen. „Marcel Schmelzer ist ein Spieler, der sich um Borussia Dortmund außerordentlich verdient gemacht und sich immer zu 100 Prozent mit unserem – mit seinem – Verein identifiziert hat“, sagte Sportdirektor Michael Zorc vor einem Jahr. 

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„Ich habe jeden Moment sehr geschätzt, und ich habe jedes Jahr dafür gearbeitet, um ein Jahr länger bleiben zu können. Die Angebote, die über meinen Berater reingekommen sind, habe ich gar nicht an mich herangelassen, weil ich mich hier so wohlgefühlt habe“, so Schmelzer. „Ich hatte so viel Spaß, für diesen Verein zu spielen, und super Mitspieler und Trainer um mich herum. Deswegen war es für mich nie eine Frage, den Verein zu verlassen.“

Marcel Schmelzer steht für Einsatzbereitschaft, Geradlinigkeit und Konstanz. Und für Vereinstreue. Der künftige Sportdirektor Sebastian Kehl betont, dass es selbstverständlich Bestrebungen gibt, Marcel Schmelzer auch über sein Karriereende hinaus beim BVB einzubinden. „Marcel Schmelzer wird immer seinen Platz bei Borussia Dortmund haben, die Zugehörigkeit wird immer da sein.“ Konkrete Gespräche darüber, wie dies aussehen kann, werden noch stattfinden.
Christina Reinke

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