Nach dem Abpfiff brachen alle Dämme. Die Mannschaft stürmte auf ihre Fans zu. 2.000 waren es, 80.000 weniger als im Hinspiel, doch sie waren das ganze Spiel über zu hören und hatten ihren Anteil daran, dass Borussia Dortmund zum dritten Mal in der Vereinsgeschichte das größte Spiel erreicht hat, das es im Klubfußball gibt: das Endspiel um die UEFA Champions League am 1. Juni im Londoner Wembley-Stadion gegen Real Madrid oder Bayern München.

Es war einer dieser seltenen Momente, in denen BVB-Chef Hans-Joachim Watzke den Mantel der Verantwortung für das große Ganze ablegen und seinen Emotionen freien Lauf lassen konnte. Er herzte am Spielfeldrand jeden Spieler, den er zu fassen bekam. „Letztes Jahr waren wir haarscharf vor der Meisterschaft, jetzt sind wir im Champions-League-Finale“, konstatierte Watzke später vor laufenden Kameras. Und er drückte Edin Terzic fest an sich: „Es ist klasse, was er leistet. Wir wissen, was wir aneinander haben.“ Pokalsieger 2021, Vizemeister 2023, Champions-League-Finalist 2024 – und das in zwei Amtszeiten und einem Zeitraum von insgesamt nur zweieinhalb Jahren.

Der Trainer wurde von den Anhängern mit „Edin-Terzic-Rufen“ gefeiert. „Das sind die Bilder, dafür machen wir es“, sagte er später im TV-Interview und meinte die feiernde und jubelnde Fankurve: „Wir hatten uns gewünscht, letztes Jahr so ein ähnliches Bild zu kreieren in unserem Stadion. Da sah es leider etwas anders aus, und da waren unsere Fans für uns da. Heute konnten wir ein bisschen was zurückgeben. Das ist pure Dankbarkeit, pure Erleichterung, pure Freude und ganz, ganz, ganz viel Stolz.“

Über weite Strecken hatte seine Mannschaft das Spiel kontrolliert und PSG nicht jene Wucht entfalten lassen, zu der diese Weltklasse-Offensive fähig ist. Mats Hummels war mit seinem Kopfballtreffer und den zahlreichen Grätschen vor und hinter der Abwehr der Held des Abends, Julian Ryerson, der Kylian Mbappé nie ins Spiel kommen ließ, der heimliche Matchwinner. Aber das galt für alle andere auch, vom fleißigen Füllkrug bis zum unüberwindbaren Kobel, der in Minute 86 mit einer Monsterparade einen Mbappé-Schuss an die Latte lenkte. Paris gab zwar insgesamt 31 Torschüsse ab (Dortmund sechs), aber nur fünf dieser 31 Schüsse gingen aufs Tor, drei weitere davon an Pfosten oder Latte.

In der Kabine ging es buchstäblich über Tische und Bänke. Ungekünstelte, sondern pure Freude. Euphorisiert, voller Adrenalin. In der Nacht wurde im Hotel, einem früheren Kloster, weitergefeiert. Freunde und Familien der Spieler waren in die „Domaine Reine Margot“ gekommen. Es gab Pizza, Burger und Bier. Auch so etwas darf mal sein…
Boris Rupert