Viel Prominenz hatte sich angesagt, unter ihnen der Arbeits- und Sozialminister Walter Arendt, Willi Daume, der Vater der Olympischen Spiele 1972 in München, und Krupp-Chef Berthold Beitz, als das Westfalenstadion am 2. April 1974 feierlich eröffnet wurde, wenn auch inoffiziell. 

Eingebettet in ein buntes Unterhaltungsprogramm spulte sich ein Fußball-Volksfest vor 50.000 begeisterten Besuchern ab. Natürlich gab es die obligatorischen Eröffnungsreden von Oberbürgermeister Günter Samtlebe und BVB-Präsident Heinz Günther, begeisterten die schmucken „Goldstar Majorettes“ aus Arnheim, war das traditionelle Polizeiorchester mit von der Partie.  

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Elisabeth Podschwadtke erzielte das erste Tor.

Erich Rüttel, der Sportdezernent der Stadt Dortmund, hatte sich gegen den BVB und den DFB durchgesetzt. Im Gegensatz zu Verein und Verband prognostizierte Rüttel dem Damenfußball damals schon eine große Zukunft. Und so kam es, dass um 18:18 Uhr eine Dame aus Mengede mit dem westfälischen Namen Elisabeth Podschwadtke nach drei Minuten Spielzeit das erste Tor erzielte und damit Stadion-historisch unsterblich wurde. Nach dem Spiel der Damen-Mannschaften des TBV Mengede und des VfB Waltrop (1:2) betrat die Herren-Mannschaft von Borussia Dortmund den Rasen. Der damalige Regionalligist unterlag dem klassenhöheren Bundesligisten FC Schalke 04 klar mit 0:3. Das Team aus Gelsenkirchen trat übrigens ohne einen Pfennig Gage zur Stadioneröffnung an. Eine großzügige Geste! So konnte der BVB gut 300.000 D-Mark (rund 150.000 Euro) als Reingewinn erlösen – ein Betrag, der für den damals finanziell keineswegs auf Rosen gebetteten Klub ein warmer Regen war. 

Das eigentliche Interesse aber galt selbstverständlich dem neuen internationalen Stadionhit namens „Westfalenstadion“. Die Faszination war riesengroß. Die Atmosphäre, die Nähe der Zuschauer zum Spielfeld, das Flutlicht, der Service für die Fans – superb! Selbst die kritische Presse erging sich in überschwänglichen Lobeshymnen. „Die sogenannten Dortmunder Drillinge – Westfalenhalle, Westfalenpark, Westfalenstadion – dürften neben dem Olympiapark in München das größte und bedeutendste Sportzentrum der Bundesrepublik sein“, schrieb die FAZ. „Ein tolles Stadion mit englischer Atmosphäre“ oder „Ein Stadion für die Callas“ war auch zu lesen. 

Die offizielle Eröffnung erfolgte am 17. April 1974, einem Mittwoch, mit dem Länderspiel Deutschland gegen Ungarn und damit der Neuauflage des WM-Finales von 1954. Für das Organisationskomitee der WM 74 mit Erich Rüttel als Chef bot die Begegnung die hervorragende Möglichkeit, auch die „WM-Probe aufs Exempel“ zu machen. Die Mannen um Franz Beckenbauer, Gerd Müller und Co. zauberten brillant und siegten auch in dieser Höhe verdient mit 5:0. Torschützen waren Herbert Wimmer, Bernd Hölzenbein, Erwin Kremers und Müller (2). 

Nur eine – große – Kleinigkeit bereitete den Verantwortlichen manch schlaflose Nacht: das Flutlicht. Es war von strahlender Brillanz und entsprach in jeder Beziehung den internationalen Anforderungen, hatte allerdings einen sehr unangenehmen Schwachpunkt: Es fiel mehrfach während der ersten Spiele aus. Und das vor den Augen der staunenden Weltöffentlichkeit. Das war peinlich. 

Der erste Schreck kam gleich bei der inoffiziellen Eröffnung: Bei der Partie des BVB gegen Schalke ging um 20:53 Uhr das Flutlicht aus. Gut, das war in der Halbzeitpause und wurde als Petitesse am Rande angesehen. Trotzdem wurde das zuständige städtische Hochbauamt beauftragt, dem Problem auf die Schliche zu kommen. Also wurde mit dem Flutlicht experimentiert, Spiele simuliert und ähnliches mehr. Alles okay, alles in Ordnung, so hieß es. Dann folgte das Spiel der DFB-Auswahl gegen Ungarn am 17. April. Und erneut streikte um 20:53 Uhr das Flutlicht. Wieder ging es auf den Prüfstand, wieder wurde es für stabil befunden. Aber auch bei einem Abendspiel des BVB zu Probezwecken das gleiche Bild: Plötzlich stand man im Dunkeln. Und selbst das erste WM-Spiel mit der Begegnung Schottland gegen Zaire stand im Zeichen des vermaledeiten Lichtproblems. Erich Rüttel tobte, die Fachleute waren ratlos. Beim zweiten WM-Spiel prognostizierte dann der Reporter des niederländischen Fernsehens gegen 20:30 Uhr: „Meine Damen und Herren, freuen Sie sich! In einigen Minuten fällt hier im Stadion das Flutlicht aus!“ 

Doch der Herr irrte! Man hatte nämlich das Problem erkannt und behoben. Etwa um 20:50 Uhr wurden damals aufgrund der Lichtverhältnisse in ganz Dortmund die Straßenlaternen eingeschaltet. Dadurch entstand ein Überdruck in den Sicherungen des Westfalenstadions – und zack, das Flutlicht war aus. Problem erkannt, Problem gelöst. Aber unabhängig davon war das natürlich eine höchst unangenehme Begleiterscheinung der ersten vier Spiele, die dem guten Image des Superstadions zunächst ein wenig Abbruch tat. 
Text: Gerd Kolbe

Der Text stammt aus dem Mitgliedermagazin BORUSSIA. BVB-Mitglieder erhalten die BORUSSIA in jedem Monat kostenlos. Hier geht es zum Mitgliedsantrag.