BVB punktet zwei Wochen vor Wembley in Wolfsburg
Mit einer bemerkenswerten Moral hat Borussia Dortmund ein schon verloren geglaubtes Spiel aus dem Feuer gerissen. Nach 1:3-Pausenrückstand holte der BVB im letzten Bundesliga-Auswärtsspiel mit 3:3 noch einen Punkt in Wolfsburg. Marco Reus glich mit zwei späten Toren aus - Sven Bender hatte den BVB früh in Führung geschossen.
Aus Wolfsburg berichtet Boris Rupert
30.000 Zuschauer in der ausverkauften Volkswagen-Arena, darunter sechs- bis achttausend Schwarzgelbe (von denen viele erst nach 20 Minuten ihre Plätze einnahmen, um dagegen zu protestieren, dass in 15 von 17 BVB-Auswärtsspielen in dieser Saison Top-Zuschläge erhoben wurden), sahen spektakuläre Strafraumszenen: Nach Benders 0:1 (5.) drehten Perisic (14./22.) und Naldo (26.) binnen zwölf Minuten die Partie. Borussia kämpfte sich zurück in die Partie, und Reus schaffte mit einem Doppelpack in der 84. und 87. Minute tatsächlich noch den Ausgleich.
Ausgangslage:
Es war das Aufeinandertreffen der nach Bayern München am längsten ungeschlagenen Teams: Wolfsburg seit acht Spielen ohne Niederlage (und Fünfter der Rückrundentabelle) gegen den seit sieben Runden unbesiegten BVB: der zweitbesten Rückrunden-, zweitbesten Auswärts- und zweitbesten Mannschaft insgesamt. Borussia hatte die vorangegangenen drei Gastspiele beim VfL gewonnen.
Personalien:
Subotic, Blaszczykowski, Kehl und Schieber rotierten auf die Bank, Hummels, Piszczek, Bender und Reus begannen stattdessen beim BVB, der auf die verletzten Götze und Owomoyela verzichten musste. Pilar und Helmes fehlten bei den Niedersachsen, bei denen Ex-Borusse Perisic in der Startelf stand.
Taktik:
Beide Mannschaften operierten in einer 4-2-3-1-Grundordnung, in der auf Dortmunder Seite Großkreutz erstmals seit langer Zeit auf seiner "Stammposition" im linken offensiven Mittelfeld auflief. Reus wechselte auf den rechten Flügel, Gündogan schlüpfte erneut in die Götze-Rolle. Während sich der BVB meist flach durchs die Spielfeldmitte kombinierte, setzte der VfL auf sein Flügelspiel, vor allem über Vierinha, der über die rechte Seite attackierte.
Spielverlauf & Analyse:
Borussia erwischte mal wieder einen Start nach Maß: Reus spielte einen Freistoß quer zu Sahin, dessen Flanke der nachrückende (und nicht aus dem Abseits kommende) Bender bereits in der fünften Minute zum 1:0 im Wolfsburger Tor unterbrachte und damit Borussias 17. Tor in der Anfangsviertelstunde markierte. Lewandowski - im Kampf um die Torjägerkrone - war zwar auch noch dran, aber erst hinter der Linie. Dass Sven Bender damit zwei seiner jetzt drei Ligatore gegen Wolfsburg erzielte, war die eine Geschichte dieses Spiels.
Die andere schrieb Ivan Perisic. Aus dem Nichts kamen die Niedersachsen in der 14. Minute zum Ausgleich. Vierinha war auf dem rechten Flügel nicht zu stoppen, Olic steckte im Laufduell mit Piszczek durch zu Perisic, der blank stand am langen Pfosten und zum 1:1 eindrückte. Es war das dritte Saisontor für den Ex-Dortmunder, sein erstes im VfL-Trikot.
Die Niedersachsen, die bisher nur drei Heimspiele gewinnen konnten, wendeten die Partie mit drei Toren in zwölf Minuten. Zunächst zog Perisic aus 25 Metern ab, und Santana gab dem Ball mit der Brust eine entscheidende Richtungsänderung, so dass er unhaltbar für Weidenfeller zum 2:1 einschlug (22.). Dann verursachte Hummels mit einem Querschläger einen Eckball: Rodriguez´ Hereingabe kam über Polaks Hinterkopf zu Naldo, der recht ungestört aus acht Metern zum 3:1 einschießen konnte. Dabei war Wolfsburgs Stärke bei ruhenden Bällen bekannt: Es war Standard-Tor Nummer zehn in der Rückrunde, und das elfte eines Abwehrspielers insgesamt.
Fahrig im Aufbau, nachlässig im Zweikampf - Borussia war nach dem Dreierpack von der Rolle. Santana köpfte einen Rodriguez-Einwurf ans eigene Lattenkreuz (38.), Olic tauchte nach einem Steilpass frei vor Weidenfeller auf und schob den Ball nur wenige Zentimeter am rechten Pfosten vorbei (43.).
Blaszczykowski und Schieber sollten mit Beginn des zweiten Durchgangs mithelfen, das Blatt noch einmal zu wenden. Bender und Großkreutz blieben in der Kabine. Gündogan und Sahin bildeten nun die Doppel-Sechs, Blaszczykowski und Reus auf den Flügeln sowie Lewandowski im Zentrum das offensive Mittelfeld.
Und Borussia drückte auf den Anschlusstreffer. Das Geschehen spielte sich fast ausnahmslos in der Wolfsburger Hälfte ab. Nach Reus´ Dribbling kam Lewandowski im Strafraum zum Abschluss, doch Benaglio parierte glänzend. Auch Schiebers 16-Meter-Schuss in der 58. Minute bedeutete Gefahr für das Wolfsburger Tor. Auf der anderen Seite hatte die konterstärkste Mannschaft der Rückrunde bei schnellen Gegenangriffen zahlreiche gute Chancen. Olic schoss zwei Mal knapp vorbei (54./57.), und bei Perisic´ Drehschuss von der Strafraumlinie fehlten nur Zentimeter.
Eine Viertelstunde vor Schluss zog Klopp den letzten Joker: Leitner kam für Santana, und Gündogan ging (als Aufbauspieler) zu Hummels in die Innenverteidigung. Und Gündogan leitete mit einem Traumpass eine spannende Schlussphase ein: Nach seiner Balleroberung und dem Steilpass in die Spitze fehlte Benaglio die Orientierung, und Reus verkürzte auf 2:3 (84.). Und drei Minuten später fiel tatsächlich der Ausgleich: Piszczeks Pass wurde von Naldo abgefälscht in den Lauf von Reus, der wie ein Messer durch warme Butter durch Wolfsburgs Abwehr schnitt und die Kugel zum 3:3 unter die Latte knallte (87.).
Ausblick:
Nächste Woche Samstag gastiert die TSG Hoffenheim zum Saisonfinale im Signal Iduna Park.