Borussia Dortmund hat eine gute Ausgangsposition für das Rückspiel in drei Wochen im Signal Iduna Park verpasst. Im Achtelfinal-Hinspiel der UEFA Champions League machte der BVB hinten bis auf eine Standardsituation alles richtig, erspielte sich vorne Torchance um Torchance, ließ sogar einen Elfmeter aus und unterlag bei Benfica Lissabon höchst unglücklich mit 0:1 (0:0).

Aus Lissabon berichtet Boris Rupert

Etwa 55.000 Besucher im nicht ausverkauften Estádio da Luz, darunter 3.300 Anhänger von Borussia Dortmund, von denen viele wegen der strikten Einlasskontrollen lange Wartezeiten in Kauf nehmen mussten und einige Hundert den Anstoß und mehr verpassten – sahen einen starken BVB, der jedoch zahlreiche hochkarätige Torchancen ausließ und durch Aubameyang in der 58. Minute einen Handelfmeter vergab. Benfica ging mit der ersten Gelegenheit im Spiel kurz nach der Pause durch Mitroglou in Führung. Trotz des enttäuschenden (und ungerechten) Ergebnisses: Mit einer ähnlichen Leistung wie heute hat Borussia im Rückspiel noch alle Chancen!

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Ousmane Dembélé im Zweikampf mit André Carillo

Ausgangslage: 
Borussia Dortmund hatte sich mit neuem Torrekord und als Gruppensieger vor Real Madrid für die Runde der besten 16 Mannschaften qualifiziert. Unter Thomas Tuchel wurden sieben der vorangegangenen elf Auswärtsspiele auf europäischer Ebene gewonnen, nur zwei verloren (zwei weitere Partien endeten unentschieden). Gegen Teams aus Portugal gab es für den BVB zuletzt fünf Siege in Serie. Benficas Heimbilanz gegen deutsche Mannschaften stand bei zehn Siegen, acht Unentschieden und zwei Niederlagen. Portugals Tabellenführer blickte auf eine Serie von zwölf Siegen in den letzten 15 Pflichtspielen auf nationaler Ebene.

Personalien: 
Der BVB musste weiterhin auf Götze, Bender, Sahin und Rode verzichten. Gegenüber der 1:2-Niederlage am Samstag in Darmstadt gab es vier Änderungen: Für Ginter, Pulisic, Burnic und Mor kehrten Piszczek, Dembélé, Bartra und Schmelzer in die Startelf zurück. Damit begann die gleiche Formation, die in der Liga gegen Leipzig und im Pokal gegen Berlin gewann. Bei Benfica fehlte Jonas, Portugals Torschützenkönig des Vorjahres.

Taktik:   
Mit dem Personal- war auch ein kleiner Taktik-Wechsel verbunden: Ebenso wie gegen Leipzig und Hertha agierte der BVB in einer 3-1-4-2-Grundordnung mit Reus und Aubameyang im Angriff sowie bei eigenem Ballbesitz mit einer offensiven Viererreihe dahinter, in der Dembélé immer wieder aus der Halbposition auf den rechten Flügel vorstieß. Die Außen Schmelzer und Durm erweiterten den Deckungsverband in eine Vierer- und teilweise sogar Fünferkette, wenn Benfica attackierte. Die Portugiesen operierten aus einer 4-1-4-1-Grundordnung mit ebenfalls nur einem „Sechser“ (Fejsa) und im Aufbau mit Pizzi und Silva auf den Halbpositionen. Letzterer stieß dann mit in die Spitze zu Mitroglou. Gegen den Ball formierte sich Benfica in einem 4-4-2.

Spielverlauf & Analyse:
Borussia hatte in der ersten Halbzeit nicht nur die Spielkontrolle (67 Prozent Ballbesitz), sondern auch die deutlich besseren Aktionen im Spiel nach vorn. Doch Dembélé fehlte nach Pass von Reus der Blick auf seinen im Fünfmeterraum noch besser postierten Nebenmann Aubameyang (4.), unterlief Durm bei der Ballannahme im Sechzehner ein technischer Fehler, der eine weitere Großchance verhinderte (21.). Denn zuvor und danach hatte Borussia drei Riesenmöglichkeiten, in Führung zu gehen.

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Lindelöf stoppt Dembélés Schuss.

Nachdem Dembélé den Ball erobert und direkt und präzise in die Spitze gespielt hatte, jagte ihn Aubameyang aus 14 Metern über den Kasten (13.). Zehn Minuten später gelangte er über Reus und Guerreiro zu Dembélé, der aus sieben Metern an Innenverteidiger Lindelöf scheiterte, der sich in den Ball warf. In der 38. Minute kam Guerreiro nach einem Missverständnis zwischen Torwart und Verteidiger an der Grundlinie nochmal an den Ball und spitzelte ihn quer in den Fünfmeterraum. Doch Aubameyang war zu überrascht, kam nicht mehr heran. Zudem versagte Schiedsrichter Rizzoli den Borussen einen möglichen Elfmeter, als Ederson Dembélé auf der Strafraumlinie auflaufen ließ.

Insgesamt konnte Trainer Tuchel mit der Leistung seiner Mannschaft in den ersten 45 Minuten sehr zufrieden sein, auch wenn in manchen Szenen auf dem Weg nach vorn die Präzision fehlte und man aus den zwei, drei Großchancen mindestens einen Treffer hätte erzielen müssen. Defensiv war es eine sehr abgeklärte, souveräne Vorstellung.

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Pierre-Emerick Aubameyang hatte kein Glück im Abschluss.

Keine drei Minuten nach Wiederbeginn wurde Borussia eiskalt erwischt: Benfica ging mit der ersten Torchance des Spiels in Führung. Nach einer Ecke war Bürki gegen Luisaos Kopfball zwar auf dem Posten, doch Mitroglou angelte sich den Abpraller und drückte ihn zum 1:0 über die Linie. Für den Deutsch-Griechen war es nach zehn Toren in der Liga und sieben im nationalen Pokal der erste Treffer in der UEFA Champions League.

Borussia drückte auf einen schnellen Ausgleich. Dembélé scheiterte aus kurzer Distanz am Torwart, nachdem Reus erfolgreich nachgesetzt hatte (51.). Zwei Minuten später landete Bartras abgefälschter Ball bei Aubameyang, der aus elf Metern verzog. Ederson parierte Reus’ Direktabnahme aus halblinker Position (56.) und entschärfte in der gleichen Minute Piszczeks Knaller aus 25 Metern.

Dann die 58. Minute: Nach Fejsas Handspiel zeigte Rizzoli auf den Punkt. Aubameyang wollte wohl auf keinen Fall ein drittes Mal zu hoch zielen – und scheiterte an Ederson, der stehen blieb und den halbhoch geschossenen Ball parierte.

Ederson mit irrem Reflex gegen Pulisic

Lissabon wechselte defensiv und versuchte, das 1:0 über die Zeit zu bringen. Nach dieser Reihe von Hochkarätern für Borussia konnte Benfica die Reihen nun geschlossener halten. Zehn Minuten vor dem Ende brachte Tuchel in Castro und Pulisic zwei frische Kräfte, nachdem zuvor schon Schürrle den glücklosen Aubameyang abgelöst hatte (62.).

Es war wie verhext. In der 84. Minute wurde Pulisic’ Schuss praktisch unhaltbar abgefälscht – doch Ederson bekam mit einem Wahnsinnsreflex noch eine Hand an den Ball und wehrte ihn zur Ecke ab.

Ausblick: 
Die Entscheidung über den Einzug ins Viertelfinale fällt am 8. März im Signal Iduna Park. Am Samstag trifft der BVB in der Bundesliga auf den VfL Wolfsburg.

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