Einen Vereinsnamen zu wählen, der die Verbundenheit mit der Region oder sogar die nationale Zugehörigkeit ausdrückte, war zu dieser Zeit gang und gäbe. Davon zeugen Vereinsnamen wie "Westfalia" (z.B. Herne), "Rhenania" (z.B. der spätere Derwall-Klub Würselen, der in den 1950ern in der Oberliga West spielte), "Germania" (z.B. Hamm), "Preußen" (z.B. Münster) oder "Borussia" (lat. für Preußen). Die Namen "Preußen" und "Borussia" waren besonders populär. Patriotismus wurde in diesen Jahren "klassenübergreifend" großgeschrieben.

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In Dortmund allerdings fiel die Wahl auf den Namen "Borussia" möglicherweise weniger aus patriotischen Gründen denn aus Zufall. Als man im Hinterzimmer des "Wildschütz" zusammensaß und über den richtigen Vereinsnamen grübelte, soll Jacobi seinen Blick auf die Wand gerichtet haben, an der ein Emailleschild der ehemaligen Dortmunder Brauerei "Borussia" angebracht war. Diese Brauerei befand sich in der Nähe des Borsigplatzes (Steigerstraße), und ihr Bier wurde im "Wildschütz" ausgeschenkt. Da keine besseren Vorschläge existierten, habe man sich für den Namen der Brauerei entschieden.
Zum Zeitpunkt der Gründung existierten weder das heute gültige Vereinsemblem (entstand 1918/19) noch das spätere offizielle Vereinslied. Eine erste Hymne hatte Heinrich Unger 1916 während des Ersten Weltkriegs vorgelegt; von ihr blieb aber nur der kurze Refrain überliefert: "Aber eins, aber eins, das bleibt bestehn, Borussia Dortmund wird nie untergehn".
Für ein offizielles Vereinslied entschieden sich die Borussen erst anlässlich ihres 25-jährigen Bestehens 1934, und zwar für einen Text mit den Kernzeilen: "Wir halten fest und treu zusammen / Ball-Heil-Hurra! Borussia!". Mit diesen schlichten gefühlsbetonten Versen folgte der Verein dem damaligen Trend...

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Trickreiche Aufnahme in den WSV
Wie Schalke 04 war der BVB zunächst ein "wilder Verein". Allerdings dauerte es bei den Gelsenkirchenern erheblich länger, bis sie vom Dachverband, dem Westdeutschen Spielverband (WSV), aufgenommen wurden. Bis zur Nazi-Zeit blieb das Verhältnis zwischen den Schalkern und den bürgerlichen Verbandsfunktionären gespannt. Es scheint, als seien die Borussen in diesem Milieu etwas hoffähiger gewesen.
Seine vergleichsweise frühe Verbandszugehörigkeit verdankte der BVB nicht zuletzt seinen guten Beziehungen zum Dortmunder Fußballpionier und Funktionär Walter Sanß sowie einem geschickten Vorgehen. Denn einfach war die Sache nicht. Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden allerorts Fußballklubs. Der WSV und andere regionale Verbände konnten diesen Zustrom nicht mehr bewältigen, weshalb man zeitweise einen totalen Aufnahmestopp erließ. Im Frühjahr 1910 stellte der BVB deshalb den Antrag zur Aufnahme in den WSV - als "Leichtathletikabteilung". Diese Abteilung fungierte gewissermaßen als "Trojanisches Pferd".

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Im Jahr 1911 trat der Ballspielverein Borussia Dortmund zu seinen ersten offiziellen Spielen an.

Allerdings betrieben die Borussen tatsächlich Leichtathletik, und zwar mit Erfolg. Die ersten Presseberichte über den BVB handelten nicht vom Fußball, sondern von der erfolgreichen Teilnahme an den Sedanspielen und der Castroper Olympiade. Dass Fußballer zugleich der Leichtathletik frönten, war zu dieser Zeit keineswegs ungewöhnlich. Schon als Mitglieder der Jünglingssodalität hatten sich die späteren Borussen, allen voran Franz Jacobi, als gute Sprinter und Staffelläufer hervorgetan.
Trotzdem war die Sache mit der Leichtathletikabteilung ein Kniff, und der gelang: Am 3. Dezember 1910 wurde auch die Fußballabteilung des BVB in den WSV aufgenommen, der an diesem Tag im Dortmunder Restaurant Krone am Markt zusammenkam. Während der BVB also dem Verband angehörte, blieben andere "wilde Vereine" wie Rhenania, Britannia und Deutsche Flagge draußen vor, denn der Aufnahmestopp des WSV hatte nach wie vor Gültigkeit. Dies war auch der Grund, warum sich die drei genannten Vereine 1912/13 auflösten und ihre Mitglieder sich dem BVB anschlossen. Schalke 04 wurde erst 1912 zum bürgerlichen Verband zugelassen, nachdem die Fußballer dem Schalker Turnverein von 1877 beigetreten waren.
Der Einzug der Nachbarklubs unter das verbandsgeschützte BVB-Dach hatte zweierlei zur Folge: Die Mitgliederzahl wuchs von 13 auf 40. Außerdem wurden die Vereinsfarben gewechselt. Die erste Spielkluft des BVB hatte aus einem blau-weißen (!!!) Trikot und einer schwarzen Hose bestanden. Über dem längsgestreiften Hemd trug man eine rote Schärpe, mit der die Akteure ihre Solidarität mit der Arbeiterbewegung kundtaten. Doch fortan liefen die Borussen in schwarzen Hosen und gelben Hemden auf, wobei das Gelb der Hemden zitronenfarben war.

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Dietrich Schulze-Marmeling/Gerd Kolbe, Ein Jahrhundert Borussia Dortmund - 1909 bis 2009, 456 Seiten, Format 22,5 x 31 cm, über 1000 Fotos, ISBN 978-3-89533-665-2, 44,90 Euro, Verlag Die Werkstatt
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Premiumausgabe mit Leineneinband und Goldprägung im repräsentativen Schuber, 1909 Exemplare limitierte Auflage, jedes Buch einzeln nummeriert, ISBN 978-3-89533-666-9, 99 Euro.
Exemplare der limierten Auflage sind hier online bestellbar

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Borussia Dortmund 1913 erstmalig in Schwarz-Gelb. Rechts im Sonntagsstaat BVB-Präsident Franz Jacobi.