Der SV Werder Bremen befindet sich im Umbruch. Mit Sokratis und Kevin de Bruyne haben die besten Spieler den Verein verlassen, und auf der Kommandobrücke hat Robin Dutt das Ruder übernommen. Nachdem die Mannschaft in der ersten Pokalrunde gepatzt hat, ist sie in dieser Bundesliga-Saison mit zwei Siegen gut aus den Startlöchern gekommen.

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Für wenige Minuten war Thomas Schaaf noch einmal präsent. Der ehemalige Trainer des SV Werder Bremen war am letzten Samstag zwar nicht persönlich im Weserstadion, doch mit einer riesigen Choreographie bedankten sich die rund 40.000 Fans bei der Werder-Ikone. Schaaf hatte dem Verein mehr als 40 Jahre als Spieler und Trainer angehört, die letzten 14 davon als Chefcoach. Werder Bremen ohne Thomas Schaaf war eigentlich undenkbar. Doch im Mai 2013 trennten sich die Wege.
Der Verein, der 2004 das Double holte, der 2009 im Finale des UEFA-Cups stand sowie den DFB-Pokal gewann und in dieser Zeit mehrfach an der Champions League teilnahm, war immer weiter nach unten gerutscht. Zuletzt war er sogar bis Saisonende in den Abstiegskampf verstrickt. Klaus Allofs war zu dem Zeitpunkt schon gar nicht mehr da. Der Geschäftsführer Sport hatte lange Jahre erfolgreich an der Seite von Schaaf gearbeitet, war aber bereits einige Monate vorher dem Ruf des VfL Wolfsburg erlegen.
Mit Thomas Eichin und Robin Dutt, den Werder von seinem Schreibtischjob als DFB-Sportdirektor zurück auf den Trainingsplatz lotste, sind die wichtigen Positionen neu besetzt worden. Beide sollen frischen Wind an die Weser bringen und eingefahrene Strukturen aufbrechen. "Ich gehe mit großem Respekt an die Aufgabe heran", versichert Dutt. Stimmungswandel, Aufbruch, Spaß. Diese Schlagworte hörte man vor der Saison häufig an der Weser. "Werder ist auf einem guten Weg", stellt Aaron Hunt, der dienstälteste Profi, fest.

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Robin Dutt feierte mit Werder zwei Siege zum Start. [Foto: firo]

Mit Innenverteidiger Sokratis (zum BVB) und Spielmacher Kevin de Bruyne (war von Chelsea ausgeliehen) musste Bremen den Abgang seiner besten Spieler verkraften. Ersteren soll der italienische Junioren-Nationalspieler Luca Caldirola (Inter Mailand, war an Brescia Calcio ausgeliehen) ersetzen; Cedrick Makiadi (SC Freiburg) wurde für das Mittelfeld geholt. Außerdem konnte der bisher ausgeliehene Stürmer Nils Petersen fest vom FC Bayern München verpflichtet werden. Petersen war bislang überwiegend Alleinunterhalter im Angriff, höchste Priorität hatte deshalb die Verpflichtung eines weiteren Stürmers, der mit Franco di Santo gefunden wurde. Der Argentinier kam von Wigan Athletic und könnte laut Eichin ebenso durchstarten wie de Bruyne zuvor.
Als es in der Vorbereitung wieder losging, fühlten sich viele im Bremer Umfeld allerdings an die Vorsaison erinnert. Die Testspielergebnisse fielen mager aus, die erste Runde des DFB-Pokals überstand die Mannschaft nicht (1:3 n.V. gegen den 1. FC Saarbrücken) - zum dritten Mal in Serie. Erst nach dem Bundesliga-Start ist die Anspannung der Erleichterung gewichen. Zum ersten Mal seit 2006 ist Werder wieder mit zwei Siegen in eine Saison gestartet.
Am ersten Spieltag wurde Aufsteiger Eintracht Braunschweig auswärts mit 1:0 geschlagen. Mit dem gleichen Ergebnis schickte die Mannschaft den FC Augsburg eine Woche später nach Hause. Es war der erste Heimsieg seit sechseinhalb Monaten. Beide Siege waren nicht unbedingt schön herausgespielt, sondern mussten hart erarbeitet werden. Das hat Dutt einkalkuliert: "Wir müssen uns jeden Punkt erkämpfen. Das Spielerische wird erst mit der Zeit kommen, wenn die gesammelten Zähler Selbstvertrauen bringen."
Manager Eichin sieht es ähnlich: "Das Team hat eine super Mentalität entwickelt. Alle haben begriffen, dass es eine schwere Saison wird, dass unser Spiel mit Aufwand und Laufbereitschaft verbunden ist, aber auch mit dem festen Glauben an den Sieg."
Ein Saisonziel lässt sich Dutt nicht entlocken. Diese Spielzeit wird als Übergangsjahr im Umbruch gesehen, in der sich die junge Mannschaft festigen und Erfahrungen sammeln soll. Nur soviel sagt der Trainer: "Wir wollen Offensivfußball praktizieren, aber immer mit der nötigen Absicherung."
(Christina Reinke)