Was für eine Woche! Am vergangenen Mittwoch weiter im Pokal, durch ein 2:1 gegen Bundesliga-Tabellenführer Borussia Mönchengladbach. Nach Rückstand. Am Samstag das 3:0 gegen einen bis dahin in der Liga unbesiegten VfL Wolfsburg. Und gestern dann das sensationelle 3:2 gegen Inter Mailand. Nach 0:2-Pausenrückstand. Drei Fußballfeste im SIGNAL IDUNA PARK innerhalb von sieben Tagen. War dies die Trendwende nach zuvor einigen Rückschlägen?

„Die zweite Hälfte war überragend. Es war ein Fußballabend, wie ihn die Leute lieben“, sagte Hans-Joachim Watzke am späten Dienstagabend – und fügte in einem Atemzug hinzu: „Wir müssen das aber auch richtig einordnen: Diese Siege wurden hart errungen.“ Die Mannschaft brauchte jeweils 45 Minuten Anlauf, wobei die erste Halbzeit gegen Mailand schon mehr Zug zum Tor und mehr gelungene Spielzüge bescherte als die ersten 45 Minuten gegen Gladbach und Wolfsburg. Und: Der BVB spielte im eigenen Stadion, das eine ungeheure Kraft entfachen kann. Alle acht Tore in diesen drei Partien fielen zudem vor der Südtribüne.

„Es entwickelte sich ein Sog, der die Zuschauer mitriss und Inter taumeln ließ“, schrieb der kicker. Und die Ruhr Nachrichten urteilten: „In einer Atmosphäre voller Wucht und Energie gingen selbst die italienischen Verteidigungskünstler unter, als der BVB einen auf diesem Niveau selten gesehenen Angriffswirbel entfachte.“

Auch Sebastian Kehl, der Leiter der Lizenzspielerabteilung, applaudierte der Mannschaft nach diesem grandiosen Fußballabend, der sicher dann als Schlüsselmoment gewertet wird, wenn diese Saison erfolgreich endet. Dazu aber muss die Mannschaft die bisher große Diskrepanz zwischen ihren Leistungen im eigenen Stadion, wo nur das 2:2 gegen Werder Bremen Kritik hervorrief, nicht aber das 0:0 gegen den FC Barcelona und erst recht nicht die wettbewerbsübergreifend sieben Siege gegen Bayern München (2:0), FC Augsburg (5:1), Bayer Leverkusen (4:0), zweimal Borussia Mönchengladbach (1:0 und 2:1), VfL Wolfsburg (3:0) und eben dieses 3:2 gegen Inter Mailand. Auswärts stehen, ebenfalls wettbewerbsübergreifend, drei Siegen (im Pokal gegen Uerdingen, in der UEFA Champions League in Prag, in der Liga in Köln) drei Unentschieden und zwei Niederlagen gegenüber.

Kehl formulierte, in positive Worte gekleidet, eine klare Forderung: „Wenn wir so spielen, haben wir auch in München eine gute Chance – und so müssen wir auch spielen, sehr intensiv, mit Mut, mit Risikobereitschaft.“

Diese Tugenden, gepaart mit immenser Leidenschaft, legte die Mannschaft gegen Inter aufs Parkett. Auch zur und nach der Halbzeitpause gab’s Applaus. Das Dortmunder Publikum kann seit jeher trennen zwischen Ergebnis und Engagement. Das 0:2 zur Pause schien eigentlich unaufholbar, und es war auch daher unglücklich, weil die Fernsehbilder den Eindruck aufkommen ließen, als habe sich der Argentinier Martinez beim entscheidenden Zweikampf vor dem 1:0 gegen Manuel Akanji einen regelwidrigen Vorteil verschafft.

„Inter war in der ersten Halbzeit einfach sehr abgezockt. Sie machen aus zwei Chancen zwei Tore, wir aus zwei Chancen leider keins“, meinte Abwehrchef Mats Hummels: „Dann haben wir aber in der zweiten Halbzeit Inter wenig Luft zum Atmen gelassen und eine sehr gute Halbzeit auf das Parkett gelegt.“ Doppeltorschütze Achraf Hakimi und Julian Brandt machten innerhalb von 25 Minuten aus einem 0:2 ein 3:2. Als „magische Nacht“ bezeichnete der von allen Seiten umjubelte Hakimi diesen „unbeschreiblichen Abend“.

Der BVB hat sich mit diesem Sieg und nun sieben Punkten aus den ersten vier Spielen wieder in eine gute Ausgangsposition im Kampf um den Einzug ins Achtelfinale gebracht. Der „direkte Vergleich“ geht nach dem 2:0 im Hinspiel zwar an Inter, doch die Italiener müssen aus ihren verbleibenden Spielen in Prag sowie zuhause gegen Barcelona drei Punkte mehr holen als der BVB gegen dieselben Gegner, allerdings mit vertauschtem Heimrecht.
Boris Rupert