In einer Saison mit vielen Rückschlägen ist es der Mannschaft bisher immer wieder gelungen, sich aufzurappeln. Die Enttäuschung – auch die deutlich artikulierte über die eigene Leistung im Torabschluss – wird sie begleiten durch eine lange Trainingswoche. Doch am Sonntag, um 17 Uhr, wenn sie die letzten Stufen auf dem Weg zum Aufwärmen nimmt, „erstrahlt die Gelbe Wand“. Vier Spiele sind es noch, drei davon zuhause!

Für die Zuschauer im Bochumer Ruhrstadion war das „kleine Derby“ große Klasse. Es ging hin und her. Gegen Ende war die Überlegenheit der Borussen gegen einen leidenschaftlich verteidigenden VfL erdrückend. Aber sie brachten nach dem rasanten Auftakt mit dem frühen Ausgleich durch Adeyemi (7.) den Ball trotz einer Vielzahl hochkarätiger Chancen nur noch einmal an VfL-Schlussmann Riemann vorbei, doch Hummels erzielte diesen Treffer in der 90. Minute aus knapper Abseitsposition, die vom Schiedsrichtergespann erkannt worden war, nicht aber das Foul an Can, das den Pass auf Asano vor dem 1:0 ermöglichte, nicht das klare Vergehen im Strafraum an Adeyemi, nicht das Handspiel von Masovic, was aus BVB-Sicht auch deshalb aufstieß, weil es im gleichen Stadion im Aufeinandertreffen im DFB-Pokal vor einigen Wochen für viel, viel weniger einen Elfer für Bochum gegeben hatte.

„Wenn man es nicht schafft, aus eigener Kraft die Tore zu schießen und es dann diese Schlüsselmomente gibt, dann ist es nicht einfach, hier als Sieger vom Platz zu gehen“, sagte Edin Terzic auf der Pressekonferenz. Er ärgerte sich besonders darüber, dass es „nicht nur ein klarer Elfmeter war, sondern Gelb-Rot bedeutet hätte“ und forderte, „dass man in dieser Phase der Saison alles dafür tut, keine Fehlentscheidung zu treffen“. Doch der VAR intervenierte offenbar nicht, der Schiedsrichter selbst nutzte die Möglichkeit nicht, die strittigen Szenen anzusehen und am Monitor zu bewerten.

Auch wenn die Kritik an den Schiedsrichter-Entscheidungen die Schlagzeilen beherrscht: Die Schwarzgelben beschäftigten sich nach dem Abpfiff sehr wohl und sehr deutlich mit sich selbst. „Bitter, dass wir es nicht hinbekommen haben, die drei Punkte mitzunehmen. Wir müssen uns auf uns fokussieren und machen, was wir machen können“, formulierte Julian Ryerson. „Wir müssen das Spiel angesichts der vielen großen Chancen für uns entscheiden. In solchen Momenten musst du cool bleiben und das Tor machen“, kritisierte Jude Bellingham, und Julian Brandt fügte hinzu: „Ich ärgere mich mehr über das, was man selbst beeinflussen kann, und das waren die Chancen.“

Statt den Vorsprung bis Sonntag zunächst auf vier Punkte auszubauen, können die Bayern nun wieder aus eigener Kraft an den Borussen vorbeiziehen. „Es war eine Chance, ein bisschen Druck in den Süden zu geben“, ärgerte sich Brandt, fügte aber auch hinzu: „Wir haben noch ein paar spannende Wochen vor uns. Wir geben nicht auf.“

„Ein Rückschlag. Aber noch ist nichts verloren“, meint auch Gregor Kobel. Jude Bellingham blickt nach vorn: „Es sind noch vier Spiele zu spielen, es gab schon so viele Ups and Downs in dieser Saison.“ Edin Terzic rät seiner Mannschaft, „morgen wieder aufstehen und bei all der Enttäuschung alles investieren. Wir haben in dieser Saison häufig gespürt, wie schnell sich Dinge verändern können in wenigen Tagen. Wir haben es zwar nicht mehr in der eigenen Hand. Das bedeutet aber nicht, dass wir aufhören. Wir bleiben dran! Es sind noch vier Spiele, es sind noch zwölf Punkte. Drei Spiele finden bei uns in Dortmund statt.“

Dreimal mit zwölf Mann, mit und vor einem Stadion, das Spiele gewinnen kann.
Boris Rupert