Sein berühmter Namensvetter singt: Bochum, ich komm aus dir. Herbert, mit Nachnamen: Bockhorn, hingegen ist genau dort angekommen – in Bochum, beim VfL. Nach einem steinigen Umweg über Huddersfield Town/England kickt unser ehemaliger U23-Spieler inzwischen in der Fußball-Bundesliga. Für Blau – und am Samstag gegen Schwarzgelb. 

In Bochum ist der 26 Jahre alte Herbert Bockhorn in guter Gesellschaft. Dazu zählen in Patrick Osterhage und Physiotherapeut Frank Zöllner – mit dem BVB immerhin dreimal Deutscher Meister (1995, 1996, 2002) und Champions-League- Sieger und mittlerweile seit über zehn Jahren in Diensten des VfL – auch zwei weitere ehemalige Borussen, dazu Christopher Antwi-Adjei, einen Steinwurf vom SIGNAL IDUNA PARK beim TSC Eintracht in der Jugend aktiv gewesen.  

Als wir mit Herbert Bockhorn sprechen, kämpft er sich gerade von einer Verletzung zurück. Diesmal hatte ihn ein Muskelfaserriss im Adduktorenbereich vier Wochen gekostet. Mit Rückschlägen kennt er sich aus. Mit der Überwindung derselben auch. Bockhorn sagt: „Ich weiß, dass ich wieder aufstehen kann.“ Von 2016 bis 2019 ist er für Borussia Dortmund aufgestanden, vor allem für die U23.  

Herbert, was ist aus dieser Zeit hängen geblieben? 
In Summe ist es eine geile Erfahrung gewesen. Ich habe einiges an Eindrücken mitnehmen können: In meiner ersten Saison war es noch schwer, da hatte ich nicht so viele Spielanteile. In der zweiten war ich dann aber von Beginn an gesetzt und habe mich gut entwickelt. Ich bin dann ja auch oben bei den Profis dabei gewesen, habe die USA-Reise mitgemacht. Die Zeit beim BVB war ein wichtiger Schub für mich. Ich habe viel Spielpraxis gesammelt und bin froh, dass ich die drei Jahre durchgezogen habe. Ich blicke positiv darauf zurück. 

Doch dann tat sich eine Kreuzung auf; auf dem einen Wegweiser stand „Richtung Profifußball“, es gab Anfragen aus der dritten und auch aus der zweiten Liga, und der junge Bockhorn aus der Regionalliga West stellte die Weichen für seine Zukunft. 

Wie genau ist das damals gewesen? 
Für den Schritt nach ganz oben in den Profi-Kader von Borussia Dortmund hat es im ersten Anlauf letztlich nicht gereicht. Bochum war tatsächlich schon im Sommer 2019 eine Option, die ich gerne gezogen hätte. Ich wollte eigentlich in Deutschland bleiben, ich kannte den deutschen Fußball, war hier mit allen Strukturen vertraut. Unterm Strich hat es aber nicht geklappt. 

Stattdessen bist du nach England zu Huddersfield Town gewechselt. Warum? 
Huddersfield hatte Interesse, zu dem Zeitpunkt war Jan Siewert dort Trainer – aus gemeinsamen Dortmunder Tagen kannte ich also den Trainer und er mich. Das passte. 

Eigentlich ... 
Der Start war noch gut, obwohl ich erst verspätet in England angekommen bin, durch die fehlende Vorbereitung nicht gespielt und auch eine gewisse Eingewöhnungszeit gebraucht habe. Doch dann gab es einen Besitzer-Wechsel, die neuen Entscheider hatten den Trainer nicht geholt, der dann auch schnell weg war. In der Folge hatte sich die Sache dann auch für mich schnell erledigt. 

Unter dem neuen Trainer Danny Cowley bekam Bockhorn nie eine echte Chance. Letztlich lief er nicht einmal in einem Pflichtspiel für Huddersfield auf. Keine einfache Situation für einen jungen Spieler, der voller Hoffnungen auf die Insel gekommen war. Und der nun auf sich allein gestellt war, nicht mal eben zu Familie oder Freunden konnte und einzig das Glück hatte, in Christopher Schindler und Collin Quaner zwei erfahrene, deutschsprachige Mitspieler an seiner Seite gehabt zu haben.  

Was hat Dich dieses Jahr in England gelehrt? 
Dass es auch darum geht, zu verstehen, zu erkennen, wenn es an einem Ort in diesem Moment nicht weitergeht. 

Bockstark! Diese Erkenntnis erlangt nicht jeder. 
Sie ist aber notwendig. Ich habe mir gesagt: Das ist ja jetzt nicht das Ende meiner Karriere. Ich habe dann in der zweiten Mannschaft gespielt, an meine Stärken geglaubt, auf mich geschaut, um bestmöglich vorbereitet zu sein für meine nächste Station in Deutschland. Mit diesem Mindset bin ich es angegangen – und in Bochum angekommen. 

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Der VfL war glücklicherweise auch im Sommer 2020 noch an Bockhorn interessiert. Gestärkt und gestählt durch die Erfahrung in England steckte der inzwischen 25-Jährige auch die erste Verletzung weg. „Ich wusste ja, dass ich wieder aufstehen kann. Ich habe allerdings auch immer versucht, nichts dem Zufall zu überlassen. Ich wollte da sein, wenn ich gebraucht würde – und ich war da.“ Abermals ohne Vorbereitung kämpfte er sich heran, was sein neuer Trainer in Bochum, Thomas Reis, honorierte. Eine neue Erfahrung in altbekannter Ruhrpott-Umgebung – in Summe eine gute Schnittmenge. „Ich hatte das Gefühl, dass ich gewollt bin.“ Endlich wieder.  

Herbert, an anderer Stelle dürfte sich die Gefühlwelt verändert haben. Als Du damals mit Dortmund irgendwo hingekommen bist, warst Du immer Gesandter des großen BVB, meistens Favorit, das bist Du jetzt mit dem VfL nicht immer ... 
Das stimmt. Selbst mit der U23 in der Regionalliga West hatte ich immer das Gefühl, dass den BVB-Bus eine ganz besondere Präsenz, eine gewisse Aura umgab, wenn er auswärts vor das Stadion fuhr. Der BVB hat ein anderes Standing als der VfL. Aber: Mit dem Erfolg kam auch in Bochum der Zuspruch. Plötzlich waren Fans beim Training. Mit dem Aufstieg in die Bundesliga hat sich etwas verändert, mittlerweile wird man auf der Straße erkannt. Ich habe das Gefühl, dass sich da gerade etwas aufbaut. Wir sind auf einem guten Weg. 

Welchen Anteil an der sportlichen Entwicklung haben die Fans, die lange nicht im Stadion sein konnten?
Für uns als VfL gibt es generell einen Unterschied zwischen Heim- und Auswärtsspiel, und natürlich macht es einen Riesenunterschied, ob man vor Geisterkulisse oder vor quasi voller Hütte spielt. Durch meine Verletzung habe ich zuletzt ja einige Spiele von der Tribüne aus verfolgt und kann sagen: Es ist beeindruckend, was die Atmosphäre in Bochum mit einem macht. Unsere Fans haben definitiv ihren Anteil an unserer Heimstärke. 

Also kann man sagen, dass die Fans des VfL Bochum die zweitbesten im Revier sind?! 
(lacht) Lass mich so darauf antworten: Vom Ergebnis her würde ich gegen den BVB natürlich auch ein Unentschieden unterschreiben. Mit Blick auf die Fans wünscht man sich aber grundsätzlich einen Heimsieg. Vielleicht ist ja ein dreckiges 1:0 für uns drin ... 
Autor: Nils Hotze