1:2 - Klopp auf die Tribüne, Rot Weidenfeller, Hummels verletzt raus, Latte Aubameyang ...
Erste Pflichtspielniederlage für Borussia Dortmund! Nach wettbewerbsübergreifend sieben Siegen in Serie musste der Vorjahresfinalist am ersten Spieltag der UEFA Champions League nach einer hart umkämpften Partie beim italienischen Tabellenführer SSC Neapel eine 1:2 (0:1)-Niederlage hinnehmen. Dabei lief alles schief: Hummels schied verletzt aus, Klopp musste auf die Tribüne und Weidenfeller sah die Rote Karte.
Es berichten Nils Hotze und Boris Rupert
55.000 Zuschauer verwandelten das Stadio San Paolo nicht in den befürchteten Hexenkessel. Die 1.800 mitgereisten BVB-Fans waren phasenweise gut zu hören. Und sie sahen eine äußerst unglückliche Partie ihrer Mannschaft. Zunächst durfte Subotic nach versorgter Verletzung (Platzwunde über dem Auge) nicht auf den Platz zurück und kam dann genau in dem Moment, als Higuain zum 1:0 für die Gastgeber traf. Dann musste Klopp, der sich beim Vierten Offiziellen beschwert hatte, auf die Tribüne, Hummels schied Sekunden vor Ablauf der ersten 45 Minuten mit eingeklemmtem Nerv im Rücken aus, die Abwehr war unsortiert, Weidenfeller klärte außerhalb des Strafraums mit der Hand und sah die Rote Karte. In Unterzahl kassierte der BVB nach gut einer Stunde den endgültigen K.O.: Zwischen zwei eigenen Großchancen (Reus, Aubameyang) verwandelte Insigne einen Freistoß direkt. In der Schlussphase rettete Torwart Reina gegen Reus den Sieg, denn zuvor hatte Zuniga ins eigene Tor getroffen (87.).
Ausgangslage:
"Champions League ist keine klassische Saison. Das ist wie ein Pokalwettbewerb. Da musst du von Anfang an voll da sein", sagte Hans-Joachim Watzke vor dem Start beim SSC Neapel, dem verlustpunktfreien Tabellenführer der Serie A (drei Spiele, drei Siege). In Italien hatte der BVB in seiner Europapokalhistorie nur vier von zwölf Gastspielen gewinnen können, darunter jedoch die letzten beiden (2008 in Udine und 2003 in Mailand).
Personalien:
Jürgen Klopp änderte seine Mannschaft auf einer Position: Aubameyang rückte für Blaszczykowski zunächst auf die Bank. Subotic konnte trotz Fußprellung spielen - eine wichtige Nachricht, denn Sokratis hatte sich im Abschlusstraining die gleiche Blessur zugezogen und stand ebenso wie Kehl, Gündogan und Piszczek nicht zur Verfügung.
Taktik:
Der BVB spielte im bewährten 4-2-3-1, Blaszczykowski ersetzte Aubameyang positionsbezogen. Neapel spielte auch im 4-2-3-1, allerdings ist dieses System für die Italiener noch wenig erprobt. Sie spielen es erst seit dieser Saison, seitdem Rafael Benitez auf der Kommandobrücke steht. Zuvor haben sie im 3-5-2 gespielt.
Spielverlauf & Analyse:
Die Phase des Abtastens dauerte exakt zehn Minuten. Danach krempelten die Kontrahenten die Ärmel hoch - und rannten mit offenem Visier aufeinander los. Nicht fehlerfrei, aber voller Leidenschaft und Tempo. Mit dem besseren Auftakt für Neapel: Nach 13 Minuten schlenzte Insigne den Ball nur knapp an Weidenfellers Tor vorbei. Keine 60 Sekunden später musste der Torwart vor dem heranstürmenden Higuain per Fuß klären. Wiederum nur zwei Minuten später rettete Subotic in höchster Not und höchstriskant, aber komplett fair gegen den erneut durchgebrochenen Nachfolger von Cavani.
Neapel spielte zwischen der zehnten und der 20. Minute so, wie man es vom BVB kennt. Die Italiener störten früh, verschoben kompakt und machten das Spiel in eigenem Ballbesitz dann irrsinnig schnell. Doch dann konnte der Vorjahres-Finalist das Spiel und mit ihm das Stadion wieder etwas beruhigen. Zumindest vorerst.
Plötzlich ging es in die andere Richtung. In Minute 26 stahl sich Robert Lewandowski zwischen beiden Innenverteidigern hindurch, scheiterte aber am gut reagierenden Reina im SSC-Tor. In derselben Minute musste Subotic wegen einer blutenden Platzwunde an der Schläfe getackert werden.
Kaum auf dem Platz zurück, schlug es hinter Weidenfeller ein. Schmelzer verlor das Kopfballduell gegen Higuain - und "El Pipita" (das Pfeifchen) traf schon wieder. Das war dem Neuzugang von Real Madrid bereits zweimal in nur drei Ligaspielen gelungen. 1:0 für Napoli nach 29 Minuten!
Jetzt brodelte das Stadio San Paolo am Fuße Vesuv! Im nächsten Augenblick schickte Schiedsrichter Pedro Proença Jürgen Klopp auf die Tribüne. Borussias Trainer hatte sich schon vor dem Tor beim Vierten Offiziellen darüber beschwert, dass Subotic nicht eher wieder zurück auf den Rasen durfte.
Doch das war erst der Anfang! Fortan überschlugen sich die Ereignisse. Es wurde hektisch. Und es wurde dramatisch! Ab Minute 42 ging bei Hummels nichts mehr. Der Verteidiger musste raus. Dafür kam mit Aubameyang ein Offensiver. Bender rückte zurück in die Viererkette, Kuba neben Sahin auf die Sechs. Doch nur drei Minuten später musste auch Kuba raus. Notgedrungen. Er musste Platz machen für Langerak. Sekunden zuvor hatte Weidenfeller Rot gesehen! Borussias Torwart hatte gegen Higuain Kopf und Kragen riskiert und dabei vor dem Strafraum geklärt. Dabei war ihm der Ball an die Hand gesprungen.
Der BVB nur noch zu zehnt. In dieser ersten Hälfte war so ziemlich alles schief gelaufen, was schief laufen konnte!
Mit Beginn von Hälfte zwei ließ sich Mkhitaryan immer wieder zurückfallen, half so in der Defensive aus - und versuchte, von hinten heraus das Offensivspiel anzukurbeln. Doch BVB-Fußball war in Unterzahl natürlich nicht mehr möglich. Neapel ließ nicht locker, drängte auf die Entscheidung. Konnte Langerak den Gewaltschuss von Inler in Minute 60 noch entschärfen, war er sieben Minuten später machtlos. Insigne schlenzte einen Freistoß aus 20 Metern in den Giebel. Ein Sonntagsschuss! Unhaltbar für den Australier.
Doch Borussia steckte zumindest nicht auf. Während die Italiener das Ergebnis fortan gekonnt verwalteten, versuchte sich Aubameyang, traf aber nur die Latte (70.). Zuvor hatte er toll zurück gelegt auf Reus, der in Rücklage aber den Ball über das Tor schoss und da das mögliche 1:1 vergab (63.).
Nach 76 Minuten schickte Co-Trainer Zeljko Buvac Jonas Hofmann auf den Rasen. Der Youngster feierte sein Debüt in der Königsklasse. Und prüfte nur vier Minuten später erstmals Reina im Kasten Napolis. Auf der anderen Seite erhielt Langerak zumindest die Hoffnung auf eine späte Wendung, auf ein spätes Glück. Er parierte stark gegen den eingewechselten Mertens (76.), gegen Pandev und Hamsik (83.).
Und es hätte sich fast noch gelohnt. Denn drei Minuten vor Schluss kamen Erinnerungen an Malaga hoch. Nach einer Flanke von Reus traf Zuniga - hart bedrängt von Aubameyang - ins eigene Netz. Und keine 120 Sekunden später hätte Reus um ein Haar doch noch den Ausgleich erzielt. Doch Reina kratzte seinen Freistoß von der Linie.
Der Rest war Zeitspiel a la Italia.
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Ausblick:
Im zweiten Gruppenspiel empfängt Borussia Dortmund am 1. Oktober Olympique Marseille im Signal Iduna Park. Zuvor aber stehen die Ligaspiele in Nürnberg (Samstag) und gegen Freiburg (28.9.) sowie das Pokalspiel bei 1860 München (nächste Woche Dienstag) auf dem Plan.