3:2 - Dortmund feiert ein Fußball-Wunder
Borussia Dortmund steht zum siebten Mal nach 1964, 1966, 1993, 1997, 1998 und 2002 in einem europäischen Halbfinale! Als Schiedsrichter Thomson um 22.38 Uhr das Viertelfinal-Rückspiel der UEFA Champions League gegen den FC Malaga abpfiff, erbebte der Signal Iduna Park in seinen Grundfesten. In einer an Spannung und Dramatik kaum zu überbietenden Partie besiegte der BVB den FC Malaga mit 3:2 (1:1). Nach 90 Minuten stand es 1:2, und der BVB war praktisch ausgeschieden.
Es berichtet Boris Rupert
65.829 Zuschauer im ausverkauften Signal Iduna Park wurden Zeuge eines Fußball-Wunders. Mit zwei Toren in der Nachspielzeit durch Reus und Santana riss der BVB eine verloren geglaubte Partie noch aus dem Feuer. Dabei waren die ballsicheren Gäste zwei Mal, durch Joaquin (24.) und den klar im Abseits stehenden Eliseu (82.), in Führung gegangen. Lewandowski hatte für den BVB, dem lange Zeit eine klare Linie fehlte, vor der Pause ausgeglichen (39.).
Ausgangslage:
Nach dem 0:0 im Hinspiel benötigte der BVB, der bislang alle Heimspiele in der Königsklasse gewonnen hatte, einen Sieg, um in die Runde der letzten Vier einzuziehen. Malaga reichte schon ein Remis mit einem selbst geschossenen Tor.
Personalien:
Mit zwei Änderungen spielte die Hinspiel-Elf: Bender sowie Blaszczykowski nach überstandener Leistenzerrung ersetzten Kehl und Großkreutz. Auch Hummels kehrte in den Kader zurück, saß allerdings auf der Bank. Bei Malaga fehlten die gelbsperrten Iturra und Weligton, außerdem der international nicht spielberechtigte Morales. Sturmspitze Saviola rückte auf die Bank.
Taktik:
Während Borussia aus einer klaren 4-2-3-1-Grundordnung agierte, stellten die Spanier ihr System gegenüber dem Hinspiel um: Joaquin und Baptista, vor einer Woche noch im offensiven Mittelfeld aufgeboten, agierten in einem 4-4-2 in vorderster Front, setzten Dortmunds Innenverteidiger im Spielaufbau unter Druck. Malaga stellte die Anspielstationen zu und verschob die Linien geschickt.
Spielverlauf & Analyse:
"Auf den Spuren des verlorenen Henkelpotts" - unter dieses Motto hatte die Südtribüne diese Begegnung mittels einer beeindruckenden Choreographie gestellt. Und der Tempel an der Strobelallee erzitterte schon vor dem Anpfiff. Es herrschte eine unfassbare Atmosphäre. Doch der Funke wollte zunächst nicht überspringen auf die Protagonisten auf dem Rasen, die ob der Bedeutung dieser Partie gehemmt wirkten. Die Pässe waren nicht genau genug, im Aufbau hakte es gewaltig. Borussia konnte sich in der Offensive nicht so in Szene setzen wie im Hinspiel. Lewandowskis Lupfer aus 20 Metern - über den Keeper, aber auch über den Kasten hinweg - war in der 16. Minute die erste Torannäherung.
Malaga spielte nicht nur gut mit - Malaga ging sogar in Führung. Nach Santanas Kopfballabwehr brachte Baptista den Ball nach halbrechts zu Isco, der abtropfen ließ zu Joaquin. Der Routinier tanzte Schmelzer aus und traf aus 17 Metern durch Subotic´ Beine flach ins rechte Eck. Weidenfeller, dem die Sicht zudem durch Isco verdeckt war, hatte keine Abwehrchance (25.). Die UEFA wies diesen Treffer als 200. Gegentor des BVB in der Europapokalhistorie aus - ein Jubiläum, das nun wirklich niemand gebrauchen konnte.
Damit war schon früh klar: Eine Verlängerung würde es nicht geben, und Schwarzgelb musste nun mindestens zwei Tore erzielen. Doch Schwarzgelb spielte nicht nur gegen einen routinierten Gegner, sondern auch gegen die eigenen Nerven. Erstmals in der 39. Minute sah man den "BVB-Fußball", mit dem Schwarzgelb ganz Europa begeistert hatte. Bender unterband an der Mittellinie einen Angriff, Piszczek setzte nach, Götze leitete blitzschnell weiter zu Reus, der mit der Hacke zu Lewandowski, der sich auch von zwei Spaniern nicht bremsen ließ, den herausstürzenden Caballero umkurvte und zum 1:1 einschob. Sein sechstes Tor im laufenden Wettbewerb! Mit 1:1 ging es in die Kabinen - aber nur, weil Weidenfeller in der Nachspielzeit einen Joaquin-Kopfball parierte.
87 Sekunden waren im zweiten Durchgang gespielt, als Lewandowski, von Gündogan und Götze in Szene gesetzt, aus 17 Metern zum Abschluss kam. Doch Caballero hatte keine Mühe. Auf der Gegenseite bewahrte Weidenfeller seine Elf mit einer Glanzparade vor dem neuerlichen Rückstand: Demichelis legte eine Freistoßflanke quer, und der freistehende Joaquin kam per Kopf aus kürzester Distanz zum Abschluss (48.). Klasse auch Weidenfellers Tat bei Toulalans Kracher aus 20 Metern (70.).
Mit ihrer frechen Zeitspielerei trieben Malagas Spieler das Stadion schon zu Beginn der zweiten 45 Minuten zur Weißglut. Gamez sah Gelb wegen Schauspielerei (62.). Und Kubas Tor zählte wegen Abseits zurecht nicht (69.).
Klopp reagierte 20 Minuten vor dem Ende auf die fehlende Klarheit im Spiel seiner Mannschaft mit einem Doppelwechsel: Schieber und Sahin kamen für Kuba und Bender.
Malaga gestattete dem BVB kaum Freiräume. Umso bitterer, dass dieser seine wenigen Chancen nicht zu nutzen vermochte. Reus rauschte bei Piszczeks Flanke heran, scheiterte aber aus sieben Metern an Caballeros linkem Fuß (76.). Zwei Minuten später vollbrachte der Torwart die nächste Glanztat, als er Götzes Schuss aus halblinker Position zur Ecke ablenkte. Stattdessen vollendeten die Spanier einen Konter zum 1:2 - dabei übersah das Schiedsrichtergespann, dass Eliseu bei Baptistas Zuspiel im Abseits stand. Hummels kam noch, Santana und Hummels orientierten sich in die Spitze...
Die Nachspielzeit: Nach einem langen Pass von Hummels brachte Subotic den Ball am Fünfer nach links, Santana verpasste, aber Reus staubte zum 2:2 ab. Klopp trieb seine Elf nach vorn. Alle nach vorne! Einwurf Schmelzer, Lewandowski brachte den Ball von halblinks nach innen, und im Zentrum stocherten Santana und Schieber, bis der Ball vom Brasilainer aus kürzester Distanz über die Linie bugsiert wurde. Der Sieg! Das Halbfinale!
Ausblick:
Die beiden Halbfinalpaarungen werden am Freitag gegen 12 Uhr in Nyon (Schweiz) ausgelost und am 24./25. April (Hinspiele) sowie am 30.4./1.5. (Rückspiele) ausgetragen. In der Bundesliga tritt der BVB am Samstag (15.30) in Fürth an.