In den Spieljahren 2004/2005 und 2005/2006 war er der noten- und quotenbeste Torhüter der Fußball-Bundesliga. Nach mehreren Verletzungen - an der Schulter, am und im Knie - ist Borussias Nummer eins wieder da! In den letzten 17 Pflichtspielen wurden seine Leistungen von den Redakteuren des kicker-Sportmagazins nur einmal schlechter als "befriedigend" bewertet, der Notenschnitt liegt seitdem bei 2,7. "Seit fast einem halben Jahr bin ich komplett schmerzfrei und kann jeden Tag voll trainieren. Es gibt keine Rückschläge mehr. Und das spiegelt sich natürlich auch in meinem Spiel wider", sagt Roman Weidenfeller im großen Interview.

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Starker Rückhalt: Weidenfeller blieb in dieser Saison schon acht Mal ohne Gegentor.

In der Länderspielpause hat eine große Zeitung mit der Schlagzeile aufgemacht: "Weidenfeller besser als jeder National-Torwart". Mal bist Du für die Medien der Held ("Weiden-Fels"), mal der Depp ("Weiden-Fehler"). Wie gehst Du mit diesem Schwarz-Weiß-Empfinden der Meinungsmacher um?
Roman Weidenfeller:"Ich bin lang genug dabei in diesem Geschäft, um zu wissen, wie es läuft. Gerade für die Torhüter - und das betrifft ja nicht nur mich - gibt es wirklich nur Schwarz oder Weiß. Ich kann damit mittlerweile gut umgehen. In letzter Zeit häufen sich ja auch eher die weißen Schlagzeilen für mich..."
Am vergangenen Wochenende gab es den direkten Vergleich mit dem laut Bundesliga-Datenbank besten Torhüter der Liga, Jaroslav Drobny. Wir hatten nach dem Spiel nicht das Gefühl, dass die Berliner den besseren Keeper hatten...
Weidenfeller:"Ich bin überglücklich über den Sieg, den die gesamte Mannschaft errungen hat. Wir haben mit einer starken Mannschaftsleistung beim bisherigen Tabellenführer gewonnen und damit gezeigt, was in uns steckt."
Es gab aber auch ein paar brenzlige Situationen in der Viertelstunde vor der Pause. Wo lagen die Ursachen?
Weidenfeller: "Wir hatten in dieser Phase Schwierigkeiten mit den Zuspielen der Berliner und haben uns zu sehr hinten reindrängen lassen. Aber ich bin ja dafür da, in kritischen Momenten den einen oder anderen Ball zu halten."
Du spielst seit Monaten auf einem konstant hohen Niveau. Gab es in Deinen Augen überhaupt eine Talsohle, und wenn ja, wo lagen die Gründe dafür?
Weidenfeller:"Ich fand die Diskussion um meine Person, die es vor einem Jahr und auch zu Beginn der Hinrunde gegeben hatte, überflüssig. Ich war lange verletzt, habe einige Folgeverletzungen hinnehmen müssen und über einen längeren Zeitraum Probleme mit meinem Körper gehabt. Das waren die Auslöser dafür, dass ich zwischenzeitlich meinen Rhythmus verloren hatte. Seit fast einem halben Jahr bin ich komplett schmerzfrei und kann jeden Tag voll trainieren. Es gibt keine Rückschläge mehr. Und das spiegelt sich natürlich auch in meinem Spiel wider."

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Alte Kollegen: Jens Lehmann und Roman Weidenfeller. Dieser „beerbte“ den Nationaltorhüter im Frühjahr 2003.

Beim letzten Spiel im Olympiastadion, im September 2007, hast Du Dir eine Schulterverletzung zugezogen, deren Tragweite sich erst zum Winter 2007 hin gezeigt hatte, als Du letztlich sogar operiert werden musstest. Hat sich mit dem Sieg in Berlin auch für Dich persönlich ein Kreis geschlossen?
Weidenfeller:"Vor dem Anpfiff habe ich tatsächlich kurz daran gedacht, was damals passiert ist, und welche Folgen es hatte. Auch am letzten Samstag waren die Verhältnisse auf diesem stumpfen und unebenen Platz schwierig. Zum Glück ist mir nicht wieder etwas passiert. Wie gesagt: Ich bin jetzt wieder fit und will in den kommenden Monaten und Jahren richtig Gas geben."
Die Fans haben sich bei den beiden letzten Wahlen zum "Spieler des Monats" auf die Plätze drei und eins gesetzt. Wie wichtig ist dieses Votum für Dich?
Weidenfeller:"Es ist eine große Ehre und eine Auszeichnung, auf die ich sehr stolz bin! Ich weiß, dass ich stark polarisiere. Und deshalb stehe ich manchmal auch in der Kritik. Aber ich gehe kontinuierlich meinen Weg und will weiterhin jeden Fan mit ehrlicher Arbeit überzeugen. Jeder weiß, dass ich alles für den Erfolg der Mannschaft gebe."
Joachim Löw und Andreas Köpke haben sich in der Nationalmannschaft noch nicht auf eine neue Nummer eins festgelegt. Sie suchen einen "modernen Torhüter".
Weidenfeller:"Was ist modern? Entscheidend ist, dass ein Torhüter die Bälle hält und so oft wie möglich zu Null spielt. Er muss seiner Abwehr Sicherheit geben und Souveränität ausstrahlen. Und wenn er ab und zu auch mal einen Unhaltbaren hält, macht das den Unterschied aus zwischen einem guten und einem sehr guten Torhüter. Wenn du dann der Mannschaft auch noch helfen kannst, indem du einen Konter einleitest, dann ist das sicherlich ein weiterer Pluspunkt."
Bist Du ein moderner Torhüter?
Weidenfeller:"Ja."
Wie wichtig sind Alter und Erfahrung für den Mann zwischen den Pfosten?
Weidenfeller:"Ich glaube auch, dass hier das gleiche gilt wie für einen guten Rotwein, der gereift sein muss, ehe er perfekt sein kann. Mit dem Alter kommt die Gelassenheit, und man geht ganz anders an die Dinge heran. Man bekommt auch

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Auch bei den Fans steht der Torwart wieder hoch im Kurs.

einen besseren Blick für die unterschiedlichsten Spielsituationen. Man sieht es doch bei Lehmann oder van der Sar: Die gehen auf die 40 zu und sind noch richtig gut! Mit 28 Jahren beginnt für mich das beste Torwart-Alter. Ich hoffe, dass ich noch zehn Jahre spielen kann."
2002 kamst Du als junger Torhüter, der die Welt erobern wollte, nach Dortmund. Jens Lehmann hat Dich damals buchstäblich aus dem Anzug geboxt: Du musstest den Trainingsoverall, den Du bereits angezogen hattest, wieder ausziehen, weil er ihn für sich reklamierte...
Weidenfeller:"Zu dem Zeitpunkt war ich noch sehr jung, und ich musste noch viel lernen. Auch dass es in Dortmund eine andere Medienlandschaft gibt als in Kaiserslautern."
Nach dem letzten Spiel in Stuttgart gab es Bilder, die Dich Arm in Arm mit Jens Lehmann zeigen. Der Vorfall von damals ist also vergessen..?
Weidenfeller:"Ich hatte mit ihm nie wirklich große Probleme, außer ein paar kleineren Meinungsverschiedenheiten. Aber die gehören doch dazu. Insgesamt gesehen hat mir Jens viel geholfen, und ich konnte von ihm einiges lernen. Auch heute gehört er für mich noch zu den besten Torhütern in Deutschland."
Wie kommst Du mit Marc Ziegler aus?
Weidenfeller: "Wir haben ein gutes Verhältnis und führen auch das eine oder andere Gespräch abseits der Kabine. Wir passen gut zusammen."
Ist die Stimmung in der Mannschaft tatsächlich so gut wie seit Jahren nicht mehr?
Weidenfeller:"Ich glaube, dass man das nicht miteinander vergleichen sollte, weil viele Faktoren einfließen. Richtig ist, dass die Stimmung sehr, sehr gut ist, was aber auch daran liegt, dass es im Verein und im Umfeld viel, viel ruhiger zugeht als in manchen Jahren zuvor. Wir haben nach wie vor eine recht junge Mannschaft, die noch Zeit benötigt, die aber auf einem guten Weg ist."

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Verletzungspech: Nach Schulter-OP und Teilriss des Innenbandes im Knie zog sich Roman Weidenfeller am ersten Spieltag eine klaffende Fleischwunde oberhalb des linken Knies zu.

Welche Rolle spielt Jürgen Klopp?
Weidenfeller: "Er hat eine riesige Euphorie mitgebracht, ist ein absoluter Fachmann, der ein tolles Training macht. Wir haben unter ihm eine sehr gute Hinserie gespielt, auch wenn uns das eine oder andere Heim-Unentschieden nach wie vor weh tut. Zu Beginn der Rückserie hat es ein bisschen gehapert, was die Ergebnisse anbetrifft. In Spielen wie gegen Hoffenheim oder Hannover waren wir dem Sieg nahe, haben die Punkte aber liegen gelassen, und in München oder Stuttgart haben wir mit Pech verloren. Das Erfolgserlebnis gegen Bremen hat uns offenbar die nötige Sicherheit gegeben. Ich glaube, jetzt läuft es wieder."
Du hast Deinen Vertrag bis 2011 verlängert, das wären dann neun Jahre bei Borussia Dortmund. Glaubst Du, Du wirst hier sesshaft?
Weidenfeller:"Ich bin kein Typ, der jedes Jahr den Verein wechselt. Ich bin ein bodenständiger Typ und fühle mich sehr wohl in Dortmund. Und ich gehe den Weg mit, den der Verein einschlägt: Wir wollen die Mannschaft noch weiter verjüngen und schauen, was möglich ist."
Beim Spiel in Stuttgart hast Du in der zweiten Halbzeit die Spielführerbinde übernommen. War das ein besonderer Moment?
Weidenfeller:"Kapitän von Borussia Dortmund zu sein, ist eine Auszeichnung, klar. Aber überbewerten möchte ich das auch nicht. Die Binde ist nicht ausschlaggebend dafür, ob man Anerkennung genießt im Verein oder nicht."

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Bis mindestens 2011 bleibt Weidenfeller beim BVB.

Was denkst Du über das mit vielen Klischees behaftete Ruhrgebiet?
Weidenfeller: "Das Ruhrgebiet ist eine sehr schöne Region mit vielen tollen Aspekten. Ich fühle mich auch privat hier sehr wohl. Ich mag die Menschen, weil sie sehr offen sind. Wenn du schon sieben Jahre hier lebst, weißt du, was du am Ruhrgebiet hast."
Im Sommer wirst Du 29 Jahre alt. Ist das Thema Familienplanung schon akut?
Weidenfeller:"Das hat noch Zeit. Als Profi bist du sehr oft unterwegs. Die Karriere hat Priorität, alles andere kommt irgendwann von ganz alleine."
Mit dem 1. FC Köln und dem VfL Bochum trifft Borussia Dortmund jetzt auf zwei Klubs aus der unteren Tabellenhälfte. Mit welchen Zielen geht ihr in diese Spiele?
Weidenfeller: "Zunächst einmal warne ich davor, irgendeinen Gegner auf die leichte Schulter zu nehmen. Köln ist die drittbeste Auswärtsmannschaft und hat sogar in München gewonnen. Gegen Bochum haben wir uns in den letzten Jahren häufig schwer getan. Wir haben aus dem Hinspiel noch jede Menge gut zu machen. Außerdem habe ich noch nie auswärts beim VfL gewonnen. Es wird also Zeit!"
Ist der Rückstand auf einen Platz in der neuen Europa-Liga noch aufzuholen?
Weidenfeller:"Wir schielen noch mit einem Auge auf die Tabelle, aber wir schauen zunächst von Spiel zu Spiel. Für uns kommt es bis zum 23. Mai darauf an, so viele Spiele wie möglich zu gewinnen. Dann schauen wir, was am Ende dabei herauskommt."
Interview: Boris Rupert