Am Samstag und Sonntag kämpfen die Handballerinen von Borussia Dortmund in Graz um den Titel in der EHF European League. Der Weg dorthin war geprägt von Kantersiegen, einem Rekordspiel und einer Aufholjagd für die Geschichtsbücher.

Der lange Weg zu den EHF Finals, wie sie offiziell heißen, begann schon in der Vorsaison: Dank der Vize-Meisterschaft qualifizierte sich der BVB für die European League und wurde von der EHF im vergangenen Sommer für die dritte Qualifikationsrunde gesetzt. Dort traf der BVB Anfang Dezember auf ZRK Zeleznicar aus Serbien und gewann deutlich mit 43:22 sowie 31:15. Schwarzgelb hatte die Gruppenphase erreicht, die der Mannschaft von Henk Groener sportlich reizvolle und attraktive Lose bescherte. Zunächst stand aber ein Heimspiel gegen Molde Elite auf dem Programm, das an Spannung kaum zu überbieten war.

Die Borussinnen kontrollierten das Spiel über weite Phasen, doch Mitte des zweiten Durchgangs drohte die Partie zu kippen. Die Norwegerinnen gingen sogar in Führung und sahen kurz vor Schluss wie der sichere Sieger aus. Allerdings gehörte der letzte Angriff beim Stand von 32:32 dem BVB. Nur noch fünf Sekunden waren zu spielen, als die Schiedsrichter auf Freiwurf für Dortmund entschieden. Kreisläuferin Emma Olsson schnappte sich den Ball, spielte zu Alina Grijseels und die Kapitänin knallte ihn mit der Sirene vom Innenposten ins Tor. Der Sieg und damit die ersten beiden Punkte gegen den vermeintlichen Favoriten der Gruppe waren gesichert!

Auf dem Weg zum Gruppensieg

Eine Woche später musste die Mannschaft bei Siófok KC antreten. Die Ungarinnen waren an diesem Tag die bessere Mannschaft, körperlich enorm präsent und setzten sich mit 27:24 durch. Wiederum nur eine Woche darauf ging es schon wieder auf Reisen, und zwar nach Frankreich. Der BVB legte los wie die Feuerwehr und spielte Besancon in eigener Halle komplett an die Wand. Nach nicht einmal einer Viertelstunde lagen Dana Bleckmann und Co. mit 10:2 in Führung, kontrollierten die Partie über weite Strecken und konnten am Ende durch einen 30:27-Erfolg über die Zähler drei und vier jubeln.

Das Rückspiel gegen die Französinnen Anfang Februar wurde zu einer schwarzgelben Machtdemonstration. Die Gäste waren komplett überfordert, während die Borussia kaum zu bremsen war und sich über die gesamte Spieldauer nie ernsthaft Sorgen um den Sieg machen musste. Durch das 31:21 rückte das Viertelfinale in greifbare Nähe. Das Erreichen der K.o.-Phase wurde eine Woche später in Norwegen perfekt gemacht: In Molde setzten sich die Schwarzgelben nach und nach ab und sicherten sich mit einem 32:24-Erfolg das Ticket für die Runde der letzten Acht.

Rekordspiel in der Westfalenhalle

Nun sollte der Gruppensieg her, und dafür wurde ein perfekter Rahmen geschaffen: Das Rückspiel gegen Siofok Mitte Februar lockte sensationelle 11.112 BVB-Fans in die Westfalenhalle – ausverkauft! Nie zuvor sahen so viele Zuschauer in Deutschland ein Damen-Handballspiel auf Vereinsebene. Zudem war es das bestbesuchteste Spiel in der Historie der EHF European League Women. Die Spielerinnen sorgten bei den zahlreichen Anhängern auf den Rängen mit ihrer Leistung für großen Jubel, denn mit dem hart erkämpften 26:23-Sieg sicherten sich Borussia Dortmunds Handballerinnen Platz eins in der Gruppe und feierten nach der Partie ausgelassen.

Genau einen Monat nach diesem absoluten Highlight stand das Hinspiel im Viertelfinale auf dem Programm, bei dem es gegen Neptunes de Nantes eine deutliche Pleite setzte. Nach der 19:28-Niederlage hatten im Dortmunder Lager nur noch wenige Hoffnung, das Ergebnis gegen die Französinnen im Heimspiel eine Woche später drehen zu können.

Doch im zweiten Aufeinandertreffen schrieb die schwarzgelbe Mannschaft Geschichte! Zunächst war es eine ausgeglichene Begegnung, in der der BVB zur Pause mit 13:11 führte. Nantes glich jedoch nach dem Seitenwechsel wieder aus und als die von einer Verletzung zurückgekehrte Alina Grijseels in der 38. Minute zum 18:16 traf, glaubten wohl nur noch die kühnsten Optimisten daran, dass die Borussia das Final Four noch erreichen würde.

Das „Wunder von Hamm“

Aber was dann passierte, werden alle Beteiligten nicht mehr vergessen: Angetrieben von einer überragenden Yara ten Holte im Tor, einer nicht zu stoppenden Alina Grijseels, die insgesamt zehn Treffer erzielte, und den frenetischen Fans in der Halle konnte Nantes dem Druck des BVB einfach nicht mehr standhalten und brach förmlich auseinander. Minute um Minute, Tor um Tor kam die Borussia Graz immer näher.

Exakt 22 Sekunden vor Schluss tankte sich Grijseels entscheidend durch und traf zum viel umjubelten 32:22, zu diesem Zeitpunkt standen die Schwarzgelben im Final Four. Doch das Spiel war noch nicht vorbei, Nantes startete einen letzten Angriff. Die BVB-Abwehr kämpfte verbissen um jeden Zentimeter, und so blieb den Französinnen mit Ablauf der Spielzeit nur noch ein direkter Freiwurf. Der Versuch brachte allerdings nichts ein und es brachen alle Dämme, das „Wunder von Hamm“ war Realität!