Nach Auschwitz und Dachau gehen BVB-Fans auch im Sommer 2014 wieder auf Gedenkstättenfahrt. Das Ziel in diesem Jahr heißt Lublin. Die schwarzgelbe Delegation berichtet in dieser Woche täglich von der Spurensuche aus Polen.

Tag 3

Der dritte Tag unserer Reise führt uns zuerst zum „Alten Flugplatz“ in Lublin, wo in einem Hangar die geraubten Wertgegenstände der Jüdinnen und Juden, die aus den Vernichtungs- und Konzentrationslagern rund um die Stadt kamen, gesammelt und sortiert wurden. Obwohl der Originalhangar heute noch existiert und als Industriestandort genutzt wird, erinnert dort nichts mehr an die Zeit der Shoah. Mit einem jetzt schon bedrückenden Gefühl machen wir uns auf den Weg zur nur wenige Autominuten entfernten Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Majdanek.

Anders als im ehemaligen Vernichtungslager Belzec, das wir gestern besichtigt haben, und das von den Nazis vollständig demontiert wurde, ist in Majdanek das Lager mit den darauf befindlichen Baracken und Anlagen zu vielen Teilen noch im Original erhalten.

Wir gehen über die Lagerstraße den Weg hinauf zum ehemaligen Eingangstor des Geländes, wo heute eines von zwei imposanten Mahnmälern steht. Bereits die Sicht durch das Monument eröffnet uns den Blick auf die riesige Größe des Lagers mit der Stadt Lublin im Hintergrund. Unsere Führung durch den pädagogischen Leiter der Institution bringt uns von einem erschreckenden Ort zum nächsten. Es beginnt mit dem Platz, auf dem die Insassen nach Arbeitsfähigkeit selektiert wurden, und den die Nazis „Rosengarten“ nannten, und geht weiter zu den Duschräumen und Gaskammern.  Anders als an vielen anderen Orten der Vernichtung handelt es sich bei den Gaskammern in Majdanek nicht um einen Nachbau. Die Wände der Kammern schimmern in einem tiefen Blau. Ob die Farbe von dem hier verwendeten Zyklon B oder von nach dem Krieg benutzten Desinfektionsmitteln stammt, ist nicht geklärt. Dieser mit 70 anderen Gebäuden auf dem Gelände noch erhaltene und als „Bunker“ bezeichnete Ort lässt uns eindrücklich bewusst werden, dass wir uns an einer Stelle des Massenmords befinden.

Ergriffen und still bewegen wir uns nur wenige Meter weiter zu einer ehemaligen Häftlingsbaracke, welche die Anonymität des Massenmordes auflöst. So sehen wir hier tausende Schuhe der damaligen Opfer. Obwohl wir lediglich Kleidungsstücke sehen, zeigen diese ein Stück der Einzelschicksale der ermordeten Kinder, Frauen und Männer und führt uns wieder einmal die unglaubliche Dimension der Tötungsmaschinerie der Nazis vor Augen. Unser Guide liest ein Gedicht einer 13-jährigen Häftlingsinsassin vor. Darin wird unmissverständlich deutlich, dass die Inhaftierten über ihr bevorstehendes Schicksal Bescheid wussten.

Gegen Ende unserer Führung kommen wir zum zweiten Teil des Mahnmals, in dem die Asche der verbrannten Opfer in einer Art überdimensionierten Urne angehäuft wurde. An dieser Stelle fand ein Teil der sogenannten „Aktion Erntefest“ statt, bei der innerhalb von nur zwei Tagen im November 1943 alle im Generalgouvernement verbliebenen Jüdinnen und Juden, insgesamt 42.000 Menschen, erschossen wurden. Es dauerte zwei Monate, alle Leichen zu verbrennen. Am Platz der Erschießungen hören wir auch weitere Zeugnisse der Zeit, die unsere Gruppe in vollkommene Stille versetzen. So wird ein Zitat einer Mutter vorgelesen, deren Tochter in ihren Armen erschossen wurde, und die selbst nur durch Zufall die versuchte Erschießung überlebte.

Mit dem am Mahnmal eingemeißelten Zitat, das aus einem Gedicht eines Überlebenden stammt, machen wir uns auf den Weg zurück ins Hotel: „Unser Schicksal ist eure Mahnung.“

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