Beginn der Sitzung: 18:00 Uhr
Ort der Sitzung: Raum „Weiße Wiese 1“ im Stadion
1. Begrüßung
Björn Hegemann begrüßt alle Anwesenden zur Fanrat-Sitzung am 13.12.2017, insbesodere Dr. Rainer Koch und Dr. Bastian Haslinger vom DFB. Zudem begrüßt Herr Hegemann die Vetreter vom BVB, Dr. Christian Hockenjos und Kai Ruben. Außerdem heißt Herr Hegemann zur heutigen Sitzung drei Vetreter der AG Fanpolitik willkommen, welche diesen Termin mit vorbereitet haben.
Anschließend erzählt Herr Hegemann den heutigen Gästen ein paar Eckdaten zum Fanrat, wie dieser entstanden sei und worum es thematisch besonders in den Sitzungen während der Saison gehe. Des Weiteren fügt Herr Dr. Hockenjos noch hinzu, warum man das Gremium eingerichtet habe und dass insgesamt eine bessere Konversation mit der Fanszene dadurch möglich sei.
Im Anschluss an diesen kurzen Exkurs bittet Herr Hegemann um eine Vorstellungsrunde aller Anwesenden. Zum Abschluss der Runde heißt Herr Hegemann auch noch Jonas Gabler von der KoFaS willkommen und berichtet, dass Herr Gabler am heutigen Abend die Moderation übernehmen werde. Herr Gabler stellt sich und seine Arbeit ebenfalls kurz vor und erklärt, dass er seine Rolle am heutigen Abend als Rahmengeber verstehe, welcher darauf achte, dass Gesprächsregeln eingehalten werden, die Zeit beachtet werde und natürlich dafür zu sorgen, dass man gegenseitig ins Gespräch komme.
Herr Gabler leitet den heutigen Termin thematisch ein, indem er berichtet, dass es in den letzten Monaten sehr viel öffentliche Kritik gegeben habe gegenüber dem Deutschen Fußballbund und hier sei besonders die Kritik auf die Entwicklung des deutschen Fußballs von den Fans öffentlich gemacht worden. Viele aktive Fanszenen in Deutschland machen für diese Entwicklungen die Verbände verantwortlich. Im Zuge dieser öffentlichen Kritik habe sich der DFB nun für Gespräche bereit erklärt, weshalb man auch hier heute Abend zusammen gekommen sei. Es gehe vor allem um einen Austausch beider Seiten, um die jeweiligen Beweggründe für das eigene Handeln klar machen zu können. Dementsprechend, fasst Herr Gabler zusammen, gehe es besonders um eine gegenseitige Wissensvermittlung am heutigen Abend.
Anschließend wird kurz die Agenda vorgestellt, außerdem werden die Gesprächsregeln vorgestellt und von den Anwesenden angenommen.
2. Vorstellung der „idealen Fußballwelt“
Herr Gabler bittet die Vertreter des DFB, ihre Vorstellung einer “idealen Fußballwelt” vorzutragen und fügt hinzu, dass dies zunächst unkommentiert bleiben solle.
DFB:
Dr. Rainer Koch möchte zunächst um eine weitere Gesprächsregel bitten: er sei gerne bereit, in den Austausch zu treten und auch Kritik entgegen zu nehmen, aber möchte nicht, dass dieser Austausch in Gänze veröffentlicht werde. Er bittet alle Anwesenden, dass man sich hierauf einigen möge, um einen richtigen Austausch zu ermöglichen.
Im Anschluss beginnt Herr Koch die “ideale Fußballwelt” aus Sicht des DFB zu beschreiben. Herr Koch beschreibt diese Fußballwellt als eine große Fußballwelt, welche unterschiedlich geliebt und gelebt werde. Da die Gesellschaft immer mehr auseinander drifte, sei besonders diese eine Fußballwelt, eine Welt in der man einen Beitrag leisten könne, dass die Gesellschaft zusammen komme und diese Welt gemeinsam leben und lieben könne. Dabei gehe es vor allem darum, dass jeder einzelne einen Platz finden könne in dieser Welt. Daher werbe der DFB vor allem für gegenseitigen Respekt.
Herr Koch hält zudem fest, dass diese eine Fußballwelt alle Menschen umfasse, welche den Fußball lieben, auch solche, welche lediglich “nur” ein Sky-Abo im Fernsehen haben. Es gehe deswegen darum, diese eine Fußballwelt so zu gestalten, dass alle Interessen in dieser vertreten seien.
BVB:
Herr Dr. Hockenjos stellt diese ideale Fußballwelt seitens des BVB in Frage, da man annehme, dass diese Welt sehr heterogen sei und man unbedingt dafür sorgen müsse, dass sich alle möglichst wohlfühlen in dieser. Besonders in den letzten 3 Jahren sei zu beobachten gewesen, dass dieses Wohlfühlen in dieser Fußballwelt sehr schwieirg geworden sei. Herr Dr. Hockenjos berichtet ferner, dass er fest davon überzeugt sei, dass man die Schritte in die Wohlfühl-Richtung nur über die Kommunikation miteinander erreichen könne. Daher hoffe er sehr, dass auch ein solcher Abend wie der heutige einen wichtigen Beitrag hierfür leisten könne. Außerdem gibt Herr Dr. Hockenjos zu bedenken, dass alle beteiligten Parteien bei ihrem eigenen Handeln immer versuchen sollten, auch das Handeln der anderen Partei zu reflektieren und dabei versuchen zu verstehen, warum die anderen so handeln.
Fanrat:
Herr Strothmüller, Leiter der AG Fanpolitik der Fanabteilung, erklärt, dass er Fußball verstehe als das Erleben und Durchführen von Gemeinschaft. Er sei mit dem Fußball innerhalb der Familie aufgewachsen und lebe es mit seinen Freunden nach wie vor. Herr Strothmüller berichtet ferner, dass er den Leitspruch “Borussia verbindet Generationen, Männer und Frauen, alle Nationen!” lebe und für sich als sehr wichtig annehme. Er beschreibt, dass derjenige, welcher akzeptiere, auch Akzeptanz erwarten könne. Zudem bedeute Fußball für viele Fans ein Stück Freiheit. Diese Freiheit beinhalte besonders, dass man Fußball gucken könne wo und mit wem man wolle im Stadion und mit den Fanutensilien, die man mitnehmen wolle. Hierbei werden Utensilien, welche eine Gefahr bedeuten, ausgeklammert. Dafür brauche man als Fan besonders Fairness und bestimme Umstände, um diese Freiheit auch weiterhin leben zu können. Man erwarte hier besonders einen menschlichen Umgang, welcher die Freiheit beinhalte.
3. Ausgewählte Themen:
3.1 Kommerzialisierung
Herr Gabler erklärt, dass wir nun zu den ausgewählten Themen für die heutige Sitzung kommen und erklärt die Vorgehensweise der Methode. Es gehe darum, dass jeweils ein Thema durch den Fanrat in maximal 2 Minuten vorgestellt werde. Im Anschluss an die Vorstellung des Themas haben die Vertreter des DFB ebenfalls 2 Minuten Zeit, darauf zu antworten und Stellung zu nehmen. Daran anschließend dürfe sich dann gerne eine Diskussion entwickeln, bei der sich alle Anwesenden zu Wort melden könnten.
Herr Strothmüller beschreibt zum Thema Kommerzialisierung aus Sicht der Fans, dass man sehr kritisch das globale Marketing beobachte. Als Beispiel hebt er besonders die Entwicklung mit der chinesischen U20 hervor, welche Spiele in der Regionalliga absolviere. Besonders bei der chinesischen U20 würden demokratische Grundprinzipien nicht eingehalten. Dies sehe man aus Fansicht sehr problematisch, da man sich die Frage stelle, was dies für junge Leute bedeute, welche mit dem Fußball aufwachsen. Die Vorbildfunktion, welche der Fußball innehabe, sei stark gefährdet, da man dieser mit solchen Entwicklungen nicht mehr nachkommen könne. Zudem sei es sehr diskutabel, dass die WM 2022 in einem Land wie Katar veranstaltet würde und es derzeit miserable Baubedingungen vor Ort für die Menschen geben würde und man dies aus Fansicht nicht unterstützen könne.
Herr Koch vom DFB bekundet, dass es natürlich schwer sei, auf diese Kritik angemessen zu reagieren. Es stehe außer Frage, dass die Baubedingungen in Katar “unter aller Sau” seien. Das Problem heute sei aber, dass die Welt sei wie sie sei und man diese Kritik bzw. Einwände, welche wir hier in Deutschland hätten, nicht auf der gesamten Welt vorfinden würde. Dennoch sei von der FIFA vor Ort viel getan worden und die Situation habe sich ein bisschen verbessert.
Ferner erklärt Herr Koch, dass der Fußball die Möglichkeit habe, die Idee des Fußballs in Deutschland auch in andere Länder zu bringen. International könne man außerdem nur überleben, wenn man den Fußball auch in anderen Ländern lebe und nicht nur davon lehre, denn dann würde Deutschland international nicht beachtet werden. Herr Koch beteuert, dass man China zum Beispiel als Land auch links liegen lassen könne, aber er gehe davon aus, dass China in ein paar Jahren eines der bedeutensten Länder und ein Kontakt zu diesem daher wichtig sei. Zudem gehe Herr Koch davon aus, dass wenn der deutsche Fußball keine “Sachen” mit China mache, dass sie in andere Länder gehen würden, da sie nicht aufhören warden, weiterzukommen. Hierbei sei es aber wichtig, dass man den richtigen Mittelweg finde. Zudem gebe es eine große Schnittmenge bei diesem Thema. Man müsse aber Realist sein und die Welt so nehmen wie sie sei und einen möglichst natürlichen Rahmen einhalten. Außerdem berichtet Herr Dr. Koch, dass die chinesische U20 nicht in der Regionalliga mitspielen solle, sondern immer nur dann Spiele stattfinden sollen, wenn die Mannschaften spielfrei haben und die Spiele als Testspiele durchgeführt werden können. Dies wurde vor allem von vielen Vereinen als Chance und Gewinn gesehen.
Herr Witte von der AG Fanpolitik stellt die Frage, ob der Transport von Fußball in ein Land wie Katar nicht doch eher nur kommerzielle Gründe hätte.
Herr Koch antwortet darauf, dass sich diese Sichtweise nicht in andere Länder übertragen ließe, da 80 % solcher Länder am Topf der FIFA hängen würden. Viele Länder könnten ansonsten an der Fußballwelt nicht teilnehmen; wollen dies aber teilnehmen und das sei nur über die WM alle 4 Jahre zu ermöglichen.
Herr Menzel vom Fanrat stellt ferner in Frage, ob man die Welt wirklich so nehmen müsse, wie sie sei. Er hält fest, dass man diese nicht so stehen lassen könne. Er gehe des Weiteren davon aus, dass man sich als Verband hinstellen müsse und Werte, welche hier in Deutschland vertreten werden, auch deutlich in solche Länder transportieren müsse. Dies sei die Fankultur, wie sie hier gelebt werde, und hier müsse man sich klar positionieren - auch von Verbandseite.
Herr Dr. Koch erläutert, dass man nur die Möglichkeit habe, “sowas wie mit China” gänzlich abzusagen. Außerdem gehe man davon aus, dass ein Land wie China sich vorsätzlich für die Trainerausbildung hier in Deutschland interessiere. Man müsse aber an dieser Stelle hinterfragen, ob man es sich leisten könne, diese Kontakte abzugeben. Demnach wäre die Grenze überschritten, wenn man den Dialog untersagt. Er gehe ferner davon aus, dass China bald die “Nummer 1” auf dem Globus sei und sie sich sowieso nichts sagen lassen würden. Er fasst zusammen, dass man die Wandlung nur durch Annäherung und über den Dialog mit solchen Ländern erreichen könne.
Herr Krause von der AG Fanpolitik gibt zu denken, dass der DFB sich noch viel weniger als Unternehmen verstehen müsse als die Vereine und dass es besonders um die Interessensvertretung der örtlichen Vereine gehen müsse.
Herr Hülle vom Fanrat führt zudem an, dass durch die chinesische U20 nur eine Regionallige die Chance bekommen habe, Geld zu generieren. Herr Dr. Koch bekundet, dass dies nicht zwingend gewesen sei, aber dass der kleine Amateurverein dies anders sehe. Des Weiteren berichtet Her Dr. Koch, dass es ausgeschlossen gewesen sei, alle Regionalligen hiermit zu belasten. Zudem habe China ausdrücklich um die Regionalliga Süd-West gebeten und diesem Wunsch sei man nachgekommen. Mit diesen Geldern können viele Amateurverine zudem 10% ihres Haushaltes schaffen und dies sei enorm wichtig.
3.2 Transparenz Sportgerichtsbarkeit
Stefan Kalisch vom Fanprojekt erklärt, dass er sich im folgenden Punkt als Stimme der Fans verstehe und wenn er von „wir“ spreche, sei auch das Fanprojekt gemeint. Er stellt die Frage, wo man erkennen könne, welche Zuständigkeiten die Personen, welche in der Sportgerichtsbarkeit tätig seien, ansonsten beim DFB haben und vor allem wie diese gewählt werden. Zudem führt er die Kritik an, dass die Urteile nicht einsehbar seien und somit kaum Transparenz bestehe. Zudem berichtet er, dass die Ungleichheitheit der Strafen sehr schwer für die Fans zu akzeptieren seien. Hier bringt er das Beispiel an, dass zum Beispiel der Trainer Julian Nagelsmann eine Flasche geworfen habe und das Verfahren danach eingestellt wurde. Wenn ein Fan einen Becherwurf auf der Tribüne tätigt, dann sei oft eine Geldstrafe fällig, das Spiel würde abgebrochen und evtl. sogar unter Ausschluss der Öffentlichkeit neu angepfiffen.
Des Weiteren bekundet Herr Kalisch das Problem mit den Kollektivstrafen und stellt die Frage, wie diese rechtlich zu vereinbaren seien. Hier sehe er besonders das Problem, dass die Fanprojekte und die Jugendhilfeinrichtungen große Probleme haben, die Gerechtigkeit vor den Jugendlichen aufrecht zu erhalten und auch zu vermitteln.
Herr Koch bekundet, dass er das genauso sehen würde. Die Urteile müssten wesentlich offensiver kommuniziert werden. Man werde in Zukunft auf Seiten des DFB auch immer wieder hierfür einstehen und die Transparenz der Sportgerichtsbarkeit vorantreiben. Zudem berichtet Herr Koch, dass alle Personen, welche in der Sportgerichtsbarkeit tätig seien, rechtsführende Positionen inne haben. Daher könne man diesen Personen auch keine fachliche Qualifikation absprechen. Zudem macht Herr Koch deutlich, dass man verstehen müsse, dass es sich bei der Sportgerichtsbarkeit nicht um strafrechtliche Verfahren handele, sondern es sei Zivilrecht. Daher sei es juristisch „Blödsinn“, was da erzählt werde. Außerdem werde ja nicht willkürlich bestraft, sondern es sei immer einer da gewesen, welcher sich strafbar gemacht habe. Es handele sich zudem um keine Rechtsbeziehung zwischen Verband und Fan, sondern es sei ausdrücklich betont Zivilrecht. Es werde über die Kollektivstrafen auch versucht, die Vereine in ihre Pflicht zu nehmen. Grundsätzlich sei es sehr schwer, über dieses Thema zu diskutieren. Feststehe, dass man transparenter werden müsse, um vor allem glaubhafter zu werden. Zudem würde auch immer ein Vereinsbeisitzer in diesen Verhandlungen beisitzen können.
Herr Haslinger berichtet noch etwas zu dem Flaschenwurf von Julian Nagelsmann. Bei diesem Wurf handele es sich nicht um einen absichtlichen Wurf ins Publikum, sondern er habe sich umgedreht und wollte die Flasche in Richtung Spielerbank schmeißen. Herr Nagelsmann habe sich zudem direkt bei dem Fan entschuldigt. Des Weiteren berichtet Herr Haslinger, dass Herr Nagelsmann ermahnt worden sei und herausgekommen sei, dass es sich um keinen gezielten Wurf gehandelt habe. Dennoch könne man auch hier die Kritik verstehen.
Zudem berichtet Herr Haslinger, dass die Sportgerichtsbarkeit sich stetig fortentwickeln müsse und besonders die Veröffentlichung der Urteile solle in Zukunft für mehr Transparenz sorgen. Davon würde man sich versprechen, dass besonders Nicht-Juristen jene besser nachvollziehen könnten. Man habe auch schon über Erklärungen zum Beispiel per Video nachgedacht. Es gehe immer darum, demokratisch zu handeln und dies müsse besser nach außen getragen werden. Zudem sei die Sportgerichtsbarkeit in Deutschland allgemein aber sehr akzeptiert.
Herr Hegemann hält fest, dass derzeit auf jeden Fall die Transparenz der Strafen fehlen würde für die Fanszene. Des Weiteren stellt er die Frage, wie sich der Personenkreis im Sportgericht zusammen setzt. Es gebe ja die fachlich rechtliche Qualifikation der Beisitzer, aber gebe es auch Personen, welche Wissen über Fankulturen mit einbringen.
Herr Strothmüller stellt außerdem in Frage, warum generell bei Kollektivstrafen die Vereine in die Pflicht genommen würden und beim DFB-Pokal zum Beispiel nicht auch der DFB als Verantwortlicher in die Pflicht genommen werde.
Herr Assmann vom Fanrat fügt zudem hinzu, dass der Flaschenwurf von Herrn Nagelsmann kein Versehen gewesen sei, sondern aus emotinalen Gründen und das dies auch auf Fanseite aus emotionalen Gründen passiere. Er habe zudem keine Daunenjacke angehabt, in welcher sich die Flasche verfangen hätte.
Herr Menzel vom Fanrat übt ebenso Kritik an der Erzählung von Herrn Haslinger, da man auf dem Video deutlich erkennen könne, dass die Flasche schon absichtlich geworfen wurde.
Herr Dr. Hockenjos fügt hinzu, dass die Urteile der Sportgerichtsbarkeit zwar möglicherweise zu 95% akzeptiert würden, aber das genau die restlichen 5% zu diskutieren seien und auch Grund der Diskussion sei. Er berichtet, dass er im Hause BVB dafür verantwortlich sei, Stellungnahmen zu schreiben, wenn die Fans staffällig geworden sind. Man habe manchmal das Gefühl, dass man irgendwann einen Status erreicht habe, bei dem die Strafe akzeptiert werden müsse.
Herr Schneider hält nochmal fest, dass es sich bei solchen Vorfällen oft um emotionales Fanverhalten handele und man umgangssprachlich auch mal die „Kirche im Dorf“ lassen müsse. Fußball und die Fankultur seien nun mal sehr emotional, ob es gefallen würde oder nicht.
Herr Koch antwortet zunächst auf die Struktur der Sportgerichtsbarkeit und berichtet, dass der Personenkreis in der Sportgerichtsbarkeit immer gewählt würde. Zudem sei es oft abhängig vom Einzelfall, welcher Personenkreis teilnehme. Man könne durchaus in Zukunft mal überlegen, ob es sinnvoll wäre, auch eine Fanstimme in dieses System zu interegrieren. Zu der Verantwortlichkeit im DFB-Pokal-Finale berichtet Herr Koch, dass man das Zuschauerfehlverhalten immer bei den Clubs ansiedeln müsse, weil es keinen Sinn machen würde, wenn der DFB sich selber bestrafe, da das Geld sowieso an Stiftungen gehen würde. Außerdem betont Herr Koch, dass man mit der hohen Akzeptanz der Urteile nicht vermitteln wolle, dass alle immer in „Friede, Freude, Eierkuchen“ auseinandergehen. Zu der Angelegenheit mit Herrn Nagelsmann hält Herr Koch fest, dass man es durchaus hätte verurteilen können. Dennoch würde auch dieser Fall im Vergleich zu anderen Fällen deutlich zeigen, dass die Sportgerichtsbarkeit unabhängig sei. Durchaus seien die Emotionen auch in jedem Einzelfall mit zu berücksichtigen bei den Strafen. Jeder Fall müsse als Einzelfall gesehen und gehandelt werden. Darüber hinaus sei festzulegen in Zukunft, was in der Kurve erlaubt sei und was nicht. Ganz speziell zum Leipzig- Spiel in Dortmund berichtet Herr Koch, dass der DFB sich nicht anmaße zu entscheiden, welche Plakate und Banner erlaubt seien und welche nicht. Wenn etwas verboten sei, dann sei es verboten und es müsste betraft werden. Wenn es Bestimmungen diesbezüglich gebe, dann müsse sich an diese gehalten werden. Herr Koch bekundet außerdem, dass man über alles reden könne, besonders wenn es um Fanutensilien gehe. Natürlich nur solange diese nicht eingesetzt werden, um sie für Straftaten zu missbrauchen. Zudem beteuert Herr Koch, dass man davon überzeugt sei, dass wenn der DFB sich zurücknehme in der Sportgerichtsbarkeit, dass der Staat dann durchgreifen würde. Ob dies letztendlich besser aussehen würde, stelle er arg in Frage. Deshalb müsse man sich in diesen Punkten gemeinsam verständigen, denn auch die Gesellschaft würde negative Vorfälle nicht mehr akzeptieren.
Herr Haslinger fügt hinzu, dass das Thema der Sportgerichtsbarkeit irrsinnig komplex sei. Grundsätzlich habe er persönlich noch nie erlebt, dass es etwas härtertes als die Sportgerichtssitzung gegeben habe. Zudem gebe es einen ständigen Austausch mit den Clubs, was für hohe Akzeptanz der Sportgerichtsbarkeit führe. Nur in ganz wenigen Einzelfällen komme es zu richtigen Gerichtsverfahren. Herr Haslinger ist zudem davon überzeugt, dass wenn die Justiz demnächst eingreifen müsse, die Stehplätze in den Stadien gefährdet seien. Denn die Justiz wolle dann Täter ermitteln. Er sei außerdem davon überzeugt, dass Emotionen eine Bedeutung haben und man auch in diesem Aspekt die „Kirche im Dorf“ lassen müsse. Dafür seien letztendlich auch die Stellungnahmen der Clubs wichtig.
Herr Gruszecki hält daraufhin fest, dass es also doof sei vom BVB, wenn man nicht bis zum Schluss kämpfen würde, weil es ja eh nicht schlimmer werden könne in Sachen Strafe. Des Weiteren berichtet er, dass die Kurve keine Angst habe „vor dem Staat“ und dass seitens des Staates oft zu Gunsten für die Fans entschieden worden sei.
Frau Steding bekundet, dass es grundsätzlich für einen Nicht-Juristen erst Mal seltsam klingen würde, wenn der DFB sich selbst im Pokal nicht zur Verantwortung ziehen würde. Denn es gebe sicherlich auch viele Stiftungen auf Vereinsseite, welche sich über solche Gelder freuen würden. Desweiteren hinterfragt sie die freie Meinungsäußerung auf den Plakaten und Bannern und ob man hier nicht generell auch etwas Spielraum lassen müsse.
Herr Hülle aus dem Fanrat hinterfragt zudem mit einem drastischen Beispiel, dass wenn der BVB in seiner Stadionordnung Pyrotechnik erlauben würde, ob der DFB sich dann raushalten würde.
Herr Menzel hält fest, dass es für alle Fans schön wäre, wenn einmal feststehen würde, welche Fanutensilien mitgeführt werden dürfen.
Herr Kalisch vom Fanprojekt berichtet außerdem, dass man als Sozialarbeiter generell das Problem hier habe, dass man seiner Zielgruppe nur schwer klar machen könne, wie die Strafen sich zusammensetzen. Man gehe davon aus, dass das Gerechtigkeitsemppfinden stark erhöht werden könne, wenn sich am Schuldigen orientieren würde und diesen einbeziehen würde in die Urteile.
Herr Dr. Hockenjos bekundet, dass er finde, dass wenn der Verein bei den Spielen getan habe, was er tun könne, dann dürfe er auch nicht mehr haftbar gemacht werden.
Herr Koch beginnt seine Antwort bezüglich des Pokalspiels. Er berichtet, dass der DFB immer schaue, was er falsch gemacht habe und erst dann überlege, wie wer wofür verantwortlich gemacht werde. Des Weiteren verdeutlicht er anhand des Beispiels eines Opernbesuches, dass man auf privaten Veranstaltungen nicht alle Grundrechte des Menschen einfach immer umsetzen könne. Das staatliche Recht würde nicht in allen Aspekten bei privaten Veranstaltungen funktionieren. Bezüglich der Frage von Herrn Hülle zu der Stadionordnung, fasst Herr Koch zusammen, dass solche Aspekte nicht allein der BVB entscheiden könne, sondern, dass jeder Club sich mit seiner Stadionordnung an den Statuten des deutschen Fußballs orientieren müsse.
Herr Koch berichtet außerdem, dass man in Zukunft versuchen werde, dass man eine gemeinsame Bestimmung treffe, welche Fanutensilien mitgeführt werden dürfen. Dies sei nicht so einfach, da natürlich viele unterschiedliche Interessensgruppen an dieser Entscheidung mitwirken müssten. Zudem müsse man auf jeden Fall eine Entscheidung treffen, welche auf eine allgemeine Akzeptanz treffe. Zu dem angedachten Spielraum von Frau Steding, fasst Herr Koch zusammen, müsse man in Zukunft schauen, ob man mit Gelassenheit noch weiter kommen würde. Man müsse beobachten, ob den Verantwortlichen und der Gesellschaft noch mehr Geduld zuzumuten wäre. Wenn diese irgendwann genug hätten, dann würde durchgegriffen. Man verstehe sich durchaus als Vorbildfunktion und wolle auch dafür sorgen, dass das Gerechtigkeitsempfinden vermittelt werden könne.
Herr Hasslinger fasst zudem zusammen, dass man auf jeden Fall die „Kirche im Dorf“ lassen müsse und 85% der Fälle würden nur verhandelt, wenn auch verhandelt werden müsse. Daher müsse man sich darauf verständigen, was erlaubt sei und was nicht und dieser gemeinsame Konsens müsse geschaffen werden.
Herr Gabler beteuert, dass man nun unbedingt zum nächsten Punkt übergehen müsse, damit noch alle Themen aufgenommen werden können. Daher wird darum gebeten, dass das Thema „Strafenkatalog“ nun vorgetragen werde.
3.3 Strafenkatalog
Herr Assmann und Herr Beyer vom Fanrat tragen ihre Kritik bezüglich des Strafenkatalogs vor. Man habe das Gefühl, dass der DFB bei seinen Strafen sehr willkürlich handele und für die Fans völlig unüberschaubar wie sich die Strafen zusammensetzen. Herr Beyer und Herr Assmann führen unterschiedliche Strafen als Beispiele an und hinterfragen schließlich, wie diese Strafen zustande kommen.
Herr Hasslinger vom DFB bekundet, dass man die Strafen und den Strafenkatalog in Zukunft transparenter gestalten wolle. Darüber hinaus solle es dann einen einsehbaren Strafenkatalog geben. Dennoch vertrete man die Meinung, dass man jeden Fall als einzelnen betrachten müsse. Hierbei schaue man vor allem auch nach den unterschiedlichen Kriterien, die den Fall betreffen, zum Beispiel um welche Spielklasse es sich handelt, wie intensiv der Vorfall war, wie stark der Verein schon vorbelastet sei usw. Es sei daher sehr schwierig, ohne diese Hintergrundinformationen Strafen nachvollziehen zu können, laut Herrn Hasslinger.
3.4 Kollektivstrafe
Herr Mollemeier von den Treuen 09er Beckum beschreibt aus Sicht seiner Fanclub-Mitglieder, welche Probleme man mit Kollektivstrafen habe. Er berichtet, dass in seinem Fanclub viele Mitglieder schon seit Jahren auf der Süd stehen würden, seien es Rentner oder Jugendliche zum Beispiel. Er verdeutlicht, dass besonders diese angesprochenenen Personengruppen nicht in der Lage seien, sich aufgrund einer Sperre auf der Süd andere Tickets im Stadion zu kaufen. Hier sei dann eine Personengruppe von der Tribünen-Sperre betroffen, welche nichts für irgendwelche Straftaten könne. Ferner beschreibt er, dass wenn man nicht straffällig geworden sei, das Recht haben müsse, selbst zu entscheiden ob man das Spiel auf seiner Tribüne gucke.
Herr Koch bekundet, dass es nie Absicht gewesen sei, diese Leute beziehungsweise Personengruppe zu bestrafen. Er berichtet weiterhin, dass die Kollektivstrafen gekommen seien, weil die Clubs etwas anderes gefordert haben als die Geldmaschinerie. Herr Koch sagt, dass es genau auf solche Fans wie die Treuen 09er Beckum ankäme, um die Täter zu ermitteln. Es müsse eine Art und Weise gefunden werden, wie alle Fans mithelfen könnten, Täter zu ermitteln, damit sie nicht im Schutzmantel der Tribüne Straftaten begehen können. Deswegen sei in Zukunft zu überlegen, wie man Täter besonders auf der Stehtribüne ausfindig machen könne.
3.5 Zerstückelung der Spieltage und Anstoßzeiten
Herr Hülle von den Schwarzgelben Revierborussen bezieht sich im Folgenden auf die Zerstückelung der Spieltage und Anstoßzeiten. Er berichtet, dass es in der 1. Bundesliga mittlerweile 7 verschiedene Anstoßzeiten gebe. Als aktiver Fan komme es darauf an, dass man seine Mannschaft überall hin begleiten könne. Dies sei aber aufgrund vieler Spielzeiten fast gar nicht mehr möglich als normaler Arbeitnehmer. Ausgehend zum Beispiel vom Freitagabend-Spiel in Berlin vom BVB, sei es einem Berufstätigen nicht möglich, 450 km von Dortmund nach Berlin zu reisen, um die Mannschaft zu unterstützen. Herr Hülle hinterfragt an dieser Stelle, was das Gewollte für alle beteiligten Parteien hier sei. Zudem hinterfragt er, wieviele Anstoßzeiten und Spieltage noch vertretbar und sinnvoll seien. Er gibt zu bedenken, ob es nicht sinnvoll wäre, bei der Ansetzung der Spiele eine Kilometergrenze festzulegen an bestimmten Spieltagen.
Herr Koch antwortet, dass hier der DFB nicht der richtige Ansprechpartner sei, sondern die DFL. Daher müsse die DFL sich mit den Clubs einigen, ob man auf bestimmte Gelder verzichten könne, laut Herrn Koch.
Herr Dr. Hockenjos berichtet, dass er in den letzten Tagen auf der Mitgliederversammlung der DFL war. Er berichtet ferner, dass die DFL wisse, dass viele Fans nicht glücklich seien mit den unterschiedlichen Anstoßzeiten und Spieltagen. Allerdings gebe die DFL die Entscheidung zurück an die Clubs, denn sie seien die Deutsche Fußballliga, die darüber entscheiden müsse. Zudem bekundet Herr Dr. Hockenjos aber, dass man derzeit keine weiteren Anstoßzeiten sehe.
3.6 50+1-Regel
Herr Kurz vom Fanclub Totale Offensive bezieht sich in seinem Plädoyer auf die 50+1-Regel. Als aktiver Fan sehe man mit Sorge auf die Entwicklung des deutschen Profifußballs und habe oft das Gefühl, dass es nur noch um kommerzielle Aspekte gehe. Der Fußball sei nur noch eine werbemäßige Institutionalisierung und diese Veränderung sehe man als sehr gefährlich an. Herr Kurz hinterfragt daher, ob nicht gerade der DFB für die 50+1-Regel einstehen und diese verteidigen müsse in der heutigen Zeit.
Herr Koch beantwortet diese Frage mit ja und beteuert, dass sich seine Meinung dahingehend auch nicht ändern werde. Allerdings seien viele Clubs leider auf einen großen Retter angewiesen und müssten auf diesen zurückgreifen. Herr Koch gibt Herrn Kurz Recht, dass die Regel an sich in Gefahr sei, denn die „Schlauen Leute im Land“ wüssten, wie man diese umgehen könne. Viele Investoren müssen also nur den Verein mit übernehmen und dies geschehe eben einfacher bei Vereinen, welche in Geldnot seien.
3.7 Stehplatzkultur
Herr Gruzecki von THE UNITY hebt hervor, dass es wichtig sei, dass man die Stehplatzkultur aufrecht erhalte. Man würde sich als aktiver Fan zudem freuen, wenn der DFB sich auch bei internationalen Spielen dafür einsetzen würde, dass diese Kultur hochgehalten werde.
Herr Koch antwortet, dass er dies in keinster Weise umsetzen könne, da der DFB hier nichts zu entscheiden habe. Er sei sich zudem sicher, dass die UEFA hier niemals die Verantwortung für übernehmen werde. Er berichtet ferner, dass es in Zukunft darauf ankommen werde, dass man für die weiterhin niedrigen Preise auf der Stehtribüne kämpfen müsse.
3.8 Aufarbeitung der Vergabe der WM 2006
Elke Mandt von Herzblut Schwarzgelb erzählt, dass „die Welt 2006 in Deutschland zu Gast“ gewesen sei. Die gesamte Welt habe „auf uns geschaut“ und es sei etwas ganz besonderes gewesen. Im Nachhinein müsse man allerdings feststellen, dass vielleicht doch nicht alles so besonders und korrekt gewesen sei und die gesamte WM für Deutschland nur gekauft gewesen sei.
Herr Koch stimmt zu, dass es eine großartige Sache gewesen sei im eigenen Land. Zudem beteuert er deutlich, dass er hier in keiner Weise beteiligt gewesen sei. Er gehe davon aus, dass die Geldflüsse nicht transparent genug gewesen seien und es nicht genug Kontrollpunkte gegeben habe. Nun mache man Menschen dafür verantwortlich, welche genauso wenig dafür können. Herr Koch bekundet zudem, dass er finde, dass schon viel aufgeklärt wurde und man dennoch die Kritik verstehe und stets bemüht sei, die Sache weiter aufzuklären. Hier gehe es aber immer um die DFL und den DFB gemeinsam.
3.9 Relegation und Aufstiegsspiele
Stefan Menzel von den Eagles Dortmund nimmt zum Schluss noch Stellung zum Thema Relegation und Aufstiegsspiele. Man habe das Gefühl, man könne die große Schere in der Gesellschaft nicht mehr aufhalten. Außerdem wird hinterfragt, warum der Erfolg immer an das Geld gebunden sei. Es solle doch darum gehen, dass man Amateurvereine fördere. Man habe zudem das Gefühl, dass es seitens des DFB immer ungerechter werde. Die Kritik bestehe hier vor allem darin, dass es für zwei Mannschaften, die Meister geworden sind, nicht möglich sei, aufzusteigen, wenn sie das Relegationsspiel verlieren.
Herr Koch antwortet, dass Geld hier nicht die ganz große Rolle spiele, denn es sei zunächst einmal nicht möglich, dass man vier Regionalligen bilde. Hier verstehe man selbst nach wie vor nicht warum. Allerdings könne man nur Gleiches mit Gleichem behandeln. Er berichtet ferner, dass die Ligen dies so akzeptiert hätten und daher werden diese 2 Relegationsspiele ausgetragen. Er berichtet ferner, dass NRW dabei helfen müsse, dass es nur 4 Ligen gebe.
Abschließend bedankt sich Herr Gabler bei allen Anwesenden und bei den Gästen für den respektvollen Austausch. Zudem hält er fest, dass man den Konsens nicht in Gänze auflösen könne, aber man konnte heute Abend die Sichtweisen austauschen und einen Dialog herstellen.
Herr Hegemann bedankt sich auch bei allen Anwesenden und Gästen und bekundet, dass man sicher sei, dass der Dialog weiter gehen müsse und eine Fortsetzung finden werde. In diesem Sinne verabschiedet er alle Gäste und Anwesenden.
Dortmund, 21.12.2017
Amelie Gorden