Zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft: Im Mai 1997 schrieb Lars Ricken entscheidend mit an einem großen Kapitel deutscher und Dortmunder Fußballgeschichte. Im Mai 2022 kann die von ihm geleitete Nachwuchsschmiede mit der U19 den DFB-Pokal und womöglich erneut die Deutsche Meisterschaft gewinnen. Lars Ricken ist ein Idol, das seinen Traum lebt. Seit 32 Jahren. „Ich bin von meinem Vater mit der Liebe zur Borussia erzogen worden.“

Wie groß der Nachwuchsbereich von Borussia Dortmund ist, hat die erst kurz zuvor eingestellte Mitarbeiterin ziemlich überrascht. Sie habe nicht gedacht, dass die schwarzgelbe Talentschmiede so ein Riesenschiff sei, das bewegt werden müsse, gestand sie Lars Ricken. Die Abteilung zählt inzwischen rund 100 Mitarbeiter und 200 Spieler; an ihrer Spitze schreibt der ehemalige Profi und Ur-Dortmunder als Goldschmied der Borussia seit 2008 eine beispiellose Erfolgsgeschichte – nach seiner Beförderung 2021 mittlerweile als Direktor des Nachwuchsleistungszentrums. Geändert hat sich für den 45-Jährigen zuletzt nur der Titel, vom Nachwuchskoordinator zum Leiter eines Direktorats, nicht aber die Inhalte seiner Arbeit. „Ich hatte das Glück, dass mir Hans-Joachim Watzke und Michael Zorc schon vorher die strategische, finanzielle und personelle Verantwortung für diesen Bereich anvertraut hatten“, sagt Ricken. Ob er denn nun formvollendet auch als „Herr Direktor“ angeredet wird? „Nein“, entgegnet Ricken lachend, „in der Regel werde ich weiter als Lars angesprochen.“  

Im Frühling werden Titel vergeben und Silberware verteilt. Kann es sein, dass April und Mai Deine Lieblingsmonate sind, Lars?
Es sind zumindest die spannendsten Monate. Ob es dann auch die schönsten werden, kann ich in diesem Jahr erst beurteilen, wenn die entscheidenden Spiele auch gespielt sind. 

2022 könnte das sportlich erfolgreichste Jahr Deiner zweiten Karriere werden. Sogar das Double ist möglich. Fieberst Du vor allem dem Pokalfinale am 20. Mai gegen den VfB Stuttgart entgegen, weil Du zwar schon sechs Deutsche Meisterschaften im Nachwuchsbereich feiern konntest, aber noch keinen Pokalsieg, auch als Profi nicht? 
Vorab: Für mich ist die Bedeutung eines Titels im Nachwuchsbereich genauso hoch wie bei denen, die ich selbst als Spieler geholt habe. Da stufe ich nicht ab – den Job mache ich heute mit derselben Emotionalität und Leidenschaft wie den als Profi. 

Deine Pokalbilanz als Spieler... 
...war desaströs, ich weiß (seufzt). 2001 haben wir sogar bei den Amateuren des VfL Wolfsburg verloren, in der ersten Runde. Es war immer mein Ziel, einmal nach Berlin zu kommen und dort den Cup zu gewinnen. Das war mir bei weitem nicht vergönnt. Mit der Jugend standen wir einmal im Finale und haben es unglücklich im Elfmeterschießen gegen Freiburg verloren. Entsprechend groß ist der Ansporn, das jetzt besser zu machen. Dementsprechend freuen wir uns auf das Spiel.  

...in dem die beiden vielleicht besten deutschen U19-Teams aufeinandertreffen?
Es stehen sich der amtierende Meister Borussia Dortmund und der amtierende Pokalsieger VfB Stuttgart gegenüber.

Wie bewertest Du die Meisterschaftsperspektiven Deiner U19?
Wenn wir schon einmal ins Halbfinale kommen, dann wissen wir, dass ganz wichtige Aufgaben für die Entwicklung der Spieler auf uns warten. Unser Ziel ist es dann auch, das Endspiel zu erreichen – und sportlich das Maximum herauszuholen. Der ehrlichste Titel ist erst einmal die Westdeutsche Meisterschaft, weil dafür zumindest in diesem Jahr eine halbe Saison gespielt wurde. In jedem Fall freuen wir uns, dass wir aktuell noch alle Chancen haben und die Saison nicht austrudeln lassen müssen. Die Jungs müssen Trainingsniveau, Fokussierung, Disziplin und Bereitschaft bis zum Ende der Saison liefern.  

Mit dem Viertelfinal-Einzug in der UEFA Youth League hat die U19 zuletzt auch international Spuren hinterlassen. Wie sehr beschäftigt Dich die unglückliche Niederlage gegen Atletico Madrid noch? 
Das wirkt noch lange nach. In so einem Spiel auf diese Art und Weise auszuscheiden, ist äußerst ärgerlich und frustrierend. Wir als Borussia Dortmund sind sehr ambitioniert, wir wollten ins Final Four und haben das nicht geschafft, weil wir den Ball nicht über die Linie gekriegt haben. Unsere Antriebsfeder ist es nicht, sich auf der Viertelfinal-Teilnahme auszuruhen und zu sagen: Alles gut, das war eine schöne Reise. Dann entwickelst du dich nicht weiter. 

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Bis zum 16. März tanzt die U19 von Borussia Dortmund auf drei Hochzeiten. Aber dann verliert das Team von Mike Tullberg ein drückend überlegen geführtes Spiel gegen Atletico Madrid unverdient mit 0:1. Vor fast 20.000 Zuschauern im SIGNAL IDUNA PARK hält das Glück in dieser Partie großen Abstand zum BVB, die Geschehnisse auf dem Rasen sorgen eher für Groll als für Gerechtigkeit. Niedergeschlagenheit mündet danach in eine Form von Ohnmacht und Enttäuschung. Selbst Anhänger pragmatischer Ideen des Fußballs wenden sich ab – Atletico zelebriert eine Art von (Zerstörer-) Fußball, dem nur ganz Eingefleischte huldigen. Abgesehen vom entscheidenden Elfmeter verbergen die Spanier jede Absicht, sich selbst aktiv am Geschehen zu beteiligen. Besondere Finesse muss man ihnen für Betontaktik und stupide Destruktivität nicht attestieren: Früh übt sich eben, was Diego Simeone als Linie für den gesamten Klub vorgibt. Für Ricken ein Tabubruch. „So wie Atletico gespielt hat, möchte ich keine BVB-Mannschaft spielen sehen“, knurrt er.  

Borussia Dortmunds Nachwuchschef verfolgt das Viertelfinale auf der Westtribüne, Block 27, Reihe 24, Platz 66. Wo sonst BVB-Boss Hans-Joachim Watzke sitzt (der an diesem Tag mit den Profis nach Mainz gereist ist), trägt Ricken Jeans, ein weißes Hemd, einen schwarzen Pullover unter einem schwarzen Parka, seine Füße stecken in braunen Wildleder-Boots. Spontan hat er die Einwilligung gegeben, ihn an diesem Tag hautnah begleiten und erleben zu dürfen. Vorsorglich weist Ricken darauf hin, dass man von ihm „keine großartigen Reaktionen“ erwarten könne, egal, welchen Verlauf die Partie nehme. Und tatsächlich: Als habe er einen unsichtbaren Schutzschild um sich errichtet, betrachtet der Nachwuchschef das Treiben auf dem Spielfeld. Die Gefühle immer unter Kontrolle, fast in sich gekehrt. So wie vor drei Jahrzehnten beim schwedischen Tennisprofi und Boris-Becker-Edelrivalen Stefan Edberg schon ein Wimpernschlag als Ausbruch der Emotionen interpretiert wurde, zeigt Ricken allenfalls durch eine kurze Veränderung von Haltung oder Sitzposition, wie es in ihm arbeitet oder gärt. 

Das ist typisch für ihn. Wenn er U19 oder U17 zu Auswärtsspielen begleitet, positioniert er sich nach Möglichkeit so, dass er nicht gesehen werden und für sich allein sein kann. „Ich möchte meine Ruhe haben und mich aufs Spiel konzentrieren“, verrät Ricken. Als sich 2017 Borussia Dortmund und Bayern München ein episches Finale liefern, das der BVB im eigenen Stadion erst nach Verlängerung und Elfmeterschießen zu seinen Gunsten entscheidet, sitzt Ricken neben Präsident Dr. Reinhard Rauball. Und sagt nach seiner Erinnerung mehr als zwei Stunden kein Wort. Warum? „Mir ist es wichtig, eine gewisse Distanz zu haben. Das tut mir gut.“ 

Der BVB ist der letzte Klub, der 2019 die Deutsche Meisterschaft bei der U19 gewann. Danach wurde kein Titel mehr ausgespielt. Wie viel wurde in den beiden Pandemie-Jahren verloren? 
Es sollte kein Talent daran hindern, Fußball-Profi zu werden. Vielleicht dauert es bei dem einen oder anderen etwas länger als normal, aber die Basis wird eigentlich im Goldenen Lernalter zwischen der U11 und der U14 gelegt. Natürlich haben wir eineinhalb Jahre kaum gespielt und deutlich weniger Trainingseinheiten als normal gehabt. Aber was mit den Ausnahmegenehmigungen möglich war, haben wir gemacht, sogar digitales Training. 

Wie funktioniert das? 
Vormittags mussten die Jungs eine Laufeinheit machen und über eine App bestätigen, dass sie auch gelaufen sind. Dann warteten Kräftigungs- und Stabilisationsprogramme auf sie. Danach hatten sie Zeit, sich um schulische Dinge zu kümmern, bevor wir ihnen Spielszenen geschickt haben, die sie analysieren mussten. Und dann hatten sie noch eine technische Aufgabe, die sie lösen mussten – und wenn es das Hochhalten einer Toilettenrolle war, was einer dann mit dem Fuß tatsächlich 180-mal geschafft hat. Mir ist das nach zehn Versuchen nur zehn Mal gelungen (lacht). Man sieht: Die Jungs hatten ein striktes Tagesprogramm, mit dem wir versucht haben, die Einschränkungen durch die Pandemie aufzufangen. Später war es dann möglich, auf unserer Anlage zumindest in Zweiergruppen zu trainieren. 

In einem kicker-Interview hast Du die geringe Zahl von Spielen auf hohem Niveau beklagt, in denen U19 und U17 abgeprüft werden. Ist es deshalb um so erstaunlicher, dass noch zwei Titel möglich sind? Oder erklärt sich das dadurch, dass alle Klubs unter den widrigen Bedingungen zu leiden hatten? 
Wir reden tatsächlich nicht von einem speziellen BVB-Problem, sondern von einem Problem des gesamten Nachwuchsfußballs. Andere Länder konnten trotz Corona ihren Trainings- und Spielbetrieb komplett durchziehen und haben deshalb Deutschland gegenüber sicher einen Vorteil. Von der Saison 20/21 bis zur Saison 22/23 kommt bei uns die Regionalliga der Herren auf 116 Spiele – wir auf 36. Das ist eine Riesendiskrepanz. Spieler, die wir für den Profibereich ausbilden wollen, haben eindeutig zu wenig Spiele auf hohem Niveau. Da hätte ich mir für den gesamten Nachwuchsfußball mehr Flexibilität gewünscht. Wir konnten das hier durch neun Spiele in der Youth League und fünf im DFB-Pokal sowie viele Nationalmannschaftseinsätze noch einigermaßen kompensieren. Nur in der Junioren-Bundesliga hätten die Top-Spieler vielleicht fünf Spiele auf höchstem Niveau zu bestreiten, das ist viel zu wenig.  

Aus der Meisterelf von 2019 hat bisher niemand den Durchbruch beim BVB geschafft. Patrick Osterhage ist beim VfL Bochum gelandet, Tobias Raschl in Fürth, Immanuel Pherai in der U23. Warum ist der Weg nach oben so steinig? 
Einerseits führt der Übergang in den Profibereich tatsächlich über einen steinigen Weg. Andererseits stellt sich auch die Qualitätsfrage von Jahrgang zu Jahrgang neu. Wenn wir den 98er-Jahrgang nehmen, der Deutscher Meister gegen Bayern München wurde – da kannst du wahrscheinlich elf Mann nehmen, die im Profifußball angekommen sind: Pieper, Kilian, Passlack, Pulisic, Burnic, Bruun Larsen, Serra, Mangala, um nur einige zu nennen. 

In der aktuellen U19 funkeln eine Reihe herausragender Talente. Ist diese Mannschaft die vielleicht beste, seitdem Du Nachwuchschef bist?
Schwer zu sagen. Die Jungs aus dem 98er-Jahrgang sind viermal Deutscher Meister geworden. In der Saison 2019/20, die leider aufgrund von Corona abgebrochen wurde, hatten wir eine Offensive mit Moukoko, Reyna, Knauff und Pherai – eine definitiv außergewöhnliche Qualität. Wir reden jetzt über einen extrem spannenden Kader, der von uns gut aufgebaut und entwickelt wurde. Der Kern bestand schon in der U15 und U16, wir haben dann noch Topspieler wie Jamie Bynoe-Gittens, Julian Rijkhoff und Bradley Fink ganz bewusst auch aus dem Ausland und Tom Rothe vom FC St. Pauli geholt und die ohnehin hohe Qualität noch einmal auf ein höheres Level gebracht. 

Wie schon erwähnt, stehen im Kader der U19 auch Jungs aus England, den Niederlanden, der Schweiz, Frankreich oder Italien. Welche Idee verbirgt sich dahinter, so viele Talente aus dem Ausland zu verpflichten? 
Das muss man differenziert betrachten. Bei Fink und Gittens reden wir von zwei Transfers ausländischer Spieler, die fest im Kader der U19 sind. Abdoulaye Kamara ist eigentlich ein U23-Spieler, der zur weiteren Integration in der U19 eingesetzt wurde. Rijkhoff ist noch U17-Spieler – genauso wie Filippo Mane. Diesen Transfer haben wir im Vorgriff auf die nächste Saison getätigt. Dementsprechend hätten wir in der kommenden Saison in Rijkhoff und Mane zwei ausländische Spieler in der U19; da gibt es Klubs, die noch ganz anders unterwegs sind, was die Anzahl angeht. Bei uns fällt eben auf, dass wir Jungs aus dem Ausland holen, wenn sie auch eine klare Profi-Perspektive besitzen und über eine dementsprechend sehr gute Qualität verfügen. 

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Als Bradley Fink im Youth-League-Viertelfinale gegen Atletico Madrid in der sechsten Minute einen Elfmeter verschießt, senkt Ricken für einen flüchtigen Moment den Kopf. Und seufzt: „Wenn du gegen die mit 1:0 führst, hätten sie aufmachen müssen.“ Doch nun besteht für die Spanier keine Veranlassung, die Fesseln zu lockern, sie halten weiter eine Betriebsversammlung im und vor dem eigenen Strafraum ab – und nutzen selbst ihre einzige Chance, ebenfalls per Elfmeter, verwandelt von Javier Curras Caballero. Dass dieser Treffer fatale Folgen haben könnte, ahnt Ricken schnell: „Jetzt wird es schwer.“ Die Entscheidung des österreichischen Schiedsrichters Julian Weinberger hält er für falsch, aber auch das erwähnt er auf der Tribüne eher beiläufig. Sollte sein Puls jetzt gerade den Viertelfinal-Höchstwert erreicht haben – Ricken zeigt es nicht. 

Auch in der zweiten Hälfte, als sich das Spiel in einer fast schon grotesken Einseitigkeit (13:0 Ecken, 16:3 Torschüsse) nur noch in eine Richtung bewegt und jeder dafür Verständnis hätte, wenn er seinen Gefühlen freie Bahn lassen würde, bleibt er in seinem Tunnel. Obwohl es ihn eigentlich zerreißen müsste, wie seine Jungs vergeblich gegen die spanische Wand anrennen, streckt er lässig die Beine aus, vergräbt die Hände in den Taschen seines Parkas und lehnt sich zurück. Wenn es in dieser leidenschaftlich geführten Auseinandersetzung nicht gerade um so unendlich viel gehen würde – man könnte Ricken glatt für tiefenentspannt halten (was er natürlich nicht ist). Sich im Stadion zu isolieren und die eigenen Emotionen unter Verschluss zu halten, hat auch etwas von Selbstschutz, wie ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit aufzeigt: Bei einem Youth-League-Spiel in Frankreich nahm Ricken ausnahmsweise auf der Bank Platz und lag schnell im Clinch mit dem Schiedsrichter. „Nach fünf Minuten habe ich Gelb gesehen und nach einer halben Stunde stand ich kurz davor, auf die Tribüne geschickt zu werden.“ 

Michael Zorc verlässt den BVB im Sommer nach insgesamt 44 Jahren. Du bist dem Klub jetzt auch schon 32 Jahre treu. Was fasziniert Dich nach so einer langen Zeit immer noch an Borussia Dortmund? 
Ich bin von meinem Vater mit der Liebe zur Borussia erzogen worden. Heute ins Stadion zu kommen, erst recht, wenn es wieder voll ist – das fühlt sich nach Heimat an. Und was meinen Job angeht: Ich bin sehr dankbar, dass ich jungen Menschen helfen kann, das Beste aus sich zu machen. Natürlich sportlich, aber auch damit, ihnen den besten Schulabschluss zu ermöglichen. Da investieren wir Geld, Personal und Verantwortung. Auch den Trainern, von denen viele noch jung sind, möchte ich möglichst beste Rahmenbedingungen bieten. 

Sollte Deine Jobzufriedenheit anhalten: Wirst Du dann 2035 Michael Zorc als Rekordhalter in Sachen Vereinstreue ablösen?
(lacht) Aktuell steht mir nicht der Sinn nach irgendetwas anderem als dem BVB. Ich bin Dortmunder, ich bin hier geboren, mein Vater hat für die Jugend gespielt, ich stand als Fan auf der Tribüne. Es gibt nicht viele Wege, die schöner für einen Dortmunder Jungen sein könnten. 

Reinhard Rauball blickt mittlerweile auf 22 Präsidenten-Jahre zurück, Hans-Joachim Watzke dient dem BVB in unterschiedlichen Funktionen seit 21 Jahren, Sebastian Kehl kommt auch schon auf 17 Jahre. Warum zahlt sich Kontinuität auf der Führungsebene aus? 
Das ist DER entscheidende Faktor für den Erfolg des BVB. Carsten Cramer und Thomas Treß sind ja ebenfalls schon sehr lange dabei. Zum einen ist es wichtig, dass nicht ständig neue Leute kommen, die dann ihre eigene Philosophie umzusetzen versuchen. Zum anderen kannst du dich in Krisenzeiten auf Menschen mit einer so langen Verweildauer im Klub hundertprozentig verlassen, weil sie im Sinne des Vereins arbeiten – und nicht auf eigene Rechnung. Die Finanzkrise 2004/2005, die sportliche Krise unter Jürgen Klopp 2015, der Bombenanschlag 2017 oder jetzt die beiden Corona-Jahre – dank bewährter Führungskräfte sind wir exzellent durch diese schwierigen Phasen gekommen. 

Wenn Du Deine 32 Jahre mal reflektierst: Durch welchen Teil Deiner Karriere konntest Du den Verein mehr prägen?
Mehr Werte habe ich als Nachwuchskoordinator geschaffen. Aber: Der größere emotionale Wert liegt wohl in meinen Leistungen als Spieler mit dem Höhepunkt 1997. Es ist pure gelebte Tradition, wenn sich die Menschen in schwierigen Zeiten an Schlüsselerlebnisse erinnern. Als wir in der Saison 2012/13 im Viertelfinale gegen Malaga zurücklagen, kamen auf der Tribüne Fans auf mich zu und sagten: Jetzt brauchen wir späte Tore wie damals von Dir gegen La Coruna. Das sind emotionale Anker, die für die Fans wichtig sind. Auch in Zeiten, in denen es vielleicht nicht so gut läuft. 
Autor: Thomas Hennecke 
Fotos: Alexandre Simoes