Nachbericht
Niklas Süle bezeichnet BVB-Fans als „Wettbewerbsvorteil“
„Wenn das jetzt hier gerade nicht Euphorie ist, was man hört, was ist es denn dann?“, fragte Geschäftsführer Lars Ricken seinen Gegenüber, Sky-Reporter Patrick Wasserziehr, der seine – freundliche! – Anmoderation verhalten mit den Worten „Jetzt ist hier tatsächlich so langsam aber sicher eine Stimmung, als hätte Borussia Dortmund wirklich etwas gewonnen“ gestartet hatte. Immer wieder stimmten die Fans den Evergreen „Europapokal – Borussia Dortmund international!“ an, durchmischt von „Niko-Kovac“-Sprechchören.
Der Dank der Zuschauer und kurz darauf auch aller Offiziellen, von Hans-Joachim Watzke über Ricken bis zu Sportdirektor Sebastian Kehl, galt dem Mann, der Borussia Dortmund Anfang Februar in schier aussichtsloser Situation übernahm, was die Aussichten auf die zehnten Champions-League-Teilnahme in Serie und die zwanzigste insgesamt betraf. In der „Kovac-Tabelle“ ab dem 21. Spieltag ist Borussia Dortmund Zweiter mit 28 Punkten hinter Bayern München (31), schaffte den Sprung von Platz elf auf vier. Aus den finalen acht Spielen holte die Mannschaft 22 von 24 möglichen Punkten. Nur Bayern München (ungeschlagen an den ersten 13 Spieltagen) sowie Bayer Leverkusen (ohne Niederlage sogar vom 2. bis 24. Spieltag) schafften in dieser Spielzeit noch längere Serien.
„Die Saison war eine große Berg- und Talfahrt“, sagte Niklas Süle. Er hob hervor, „wie wir in den letzten Wochen marschiert sind, füreinander eingestanden sind“ und bedankte sich bei den Fans, die die Mannschaft die gesamte Saison über unterstützt haben: „Das ist ein bisschen ein Wettbewerbsvorteil, den wir hier daheim haben. Und umso schöner ist es, hier mit ihnen zu feiern.“ Erleichterung, Freude, Euphorie – Felix Nmecha verspürte „ein bisschen von allem“. Es überwog auch bei ihm die „Freude, dass wir es geschafft haben, und dass wir nächste Saison Champions League spielen“.
Es herrschte eine ausgelassene Stimmung auf den Rängen und auf dem Rasen nach einer über weite Strecken zähen ersten Halbzeit gegen Holstein Kiel. Die frühe Führung (3. Minute, Elfmeter Guirassy) und die frühe Überzahl (8. Minute, Platzverweis Johansson) spielten Borussia zunächst nicht in die Karten, „weil wir viel zu kompliziert gespielt haben“, so Julian Brandt: „Wenn wir viel Zeit haben, denken wir zuviel nach, entscheiden uns falsch und spielen behäbig und langsam.“ Ähnlich sah es Niklas Süle: „Ich bin der Meinung, dass wir besseren Fußball gezeigt hätten, wenn es elf gegen elf gewesen wäre.“
Sei’s drum. Marcel Sabitzers Weitschusstor kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit brach den Bann, spätestens nach Felix Nmechas 3:0 (73. Minute) waren Spiel und Saisonausgang entschieden. Da Frankfurt nach Rückstand das Spiel in Freiburg drehte, war der Blick auf die Tordifferenz auch nicht mehr wichtig. So oder so war Schwarzgelb im Ziel.
Ricken würdigte Kovacs bisher dreimonatiges Wirken als „mit eine der größten Trainerleistungen in der Geschichte des BVB“. Da das wichtige Wörtchen „mit“ später nicht von Interview zu Interview transportiert wurde, verwies der auf „die größte Trainerleistung“ angesprochene Kovac auf „andere große Trainer hier“ und nannte Jürgen Klopp und Ottmar Hitzfeld.
Letzterer führte Schwarzgelb in der Saison 1993/94 tatsächlich sogar noch von Rang 13 nach dem 24. Spieltag auf den vierten Platz. Mit dabei übrigens vor 31 Jahren war als Spieler: Lars Ricken.
Boris Rupert