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Borussia trauert um Gerd Cyliax

Borussia Dortmund trauert um einen der 66er Europapokal-Helden: Am Samstag verstarb im Alter von 73 Jahren Gerd Cyliax. Drei Tage zuvor hatte er - wie aus heiterem Himmel - einen Schlaganfall erlitten. Der "Musikus" der alten Garde, ein drahtiger und stets fröhlicher Mensch, den man einfach lieb haben musste, war mit seiner Frau Irmgard zu Besuch bei Sohn Ralf in Oberursel gewesen.

Als Mitglied des Ältestenrates war der jung gebliebene Pensionär vor gut 16 Jahren von einem schweren Schicksalsschlag getroffen worden, als Tochter Susanne einen tödlichen Autounfall erlitt. Doch der frühere Möbelkaufmann meisterte diesen "Tiefschlag" mit Bravour - zumindest äußerlich. Seine letzte große Reise im Kreise der Borussen erlebte Gerd Cyliax mit "Irmchen" anlässlich des DFB-Pokalfinales in Berlin. Auch dort war er einer der Sympathieträger unseres Vereins. Seine lebensbejahende Art übertrug sich auf seine Mitmenschen.

Schon als junger Spieler des TBV Mengede zeichnete sich ab, dass Gerd Cyliax seinen Weg in der Oberliga West machen würde. Denn er brachte alle Eigenschaften mit, die ein guter Stürmer brauchte: Schnelligkeit, Schusskraft und Spielverständnis. Diese Fähigkeiten machten sich zunächst in der Oberliga Westfalia Herne und Preußen Münster zu Nutze. Erst als sich der 1,72 Meter große Sprinter dort einen Namen gemacht hatte, holte ihn Obmann Heinz Dolle nach Dortmund zurück. "Es war immer mein Wunsch, für Borussia zu stürmen. Schließlich hat es doch noch mit einem kleinen Umweg geklappt, in meiner Heimatstadt auch sportlich Fuß zu fassen", erinnerte er sich an das Jahr 1959, als der Wechsel von Münster nach Dortmund endlich perfekt gemacht wurde.
Unter dem damaligen Trainer Max Merkel sicherte sich Cyliax schnell beim BVB einen Stammplatz auf der Linksaußenposition. Von seinem Spielwitz und seiner Schnelligkeit profitierten rasch die Innenstürmer Jürgen Schütz, Friedhelm Konietzka und Aki Schmidt, die sich ein Vergnügen daraus machten, die präzisen Flanken ihres Linksaußen in Tore umzuwandeln. Noch vor Einführung der Bundesliga erreichte Cyliax mit den Borussen als erste Höhepunkte seiner Laufbahn zweimal ein deutsches Endspiel. "1961 war unsere Mannschaft noch nicht reif für den Titel. Deshalb setzte es in Hannover gegen den 1.FC Nürnberg eine 0:3-Niederlage", erzählte er den Chronisten.
Zwei Jahre später durfte Gerd Cyliax jedoch die Deutsche Meisterschaft feiern. Denn er zählte zu den Spielern, denen der Merkel-Nachfolger Hermann Eppenhoff im Endspiel gegen den 1. FC Köln das Vertrauen schenkte. "Obwohl wir gegen den Titelverteidiger als krasse Außenseiter gehandelt wurden, wussten wir um unsere Chance. Schließlich stellten wir die klar bessere Mannschaft, die auch verdient 3:1 gewann", schwärmte der schnelle Gerd gern von seinem ersten Titelgewinn.

Mit der dann eingeführten Bundesliga änderte sich auch das Leben des ehemaligen Vertragsspielers, der für seine Fußballkünste im letzten Oberligajahr mit 400 Mark pro Monat beim BVB entlohnt wurde. Neben seiner damaligen Bürotätigkeit bei der Union-Brauerei war er nun als Lizenzspieler Fußballprofi bei Borussia Dortmund. Die folgenden, erfolgreichen Jahre der Dortmunder hatte der ehrgeizige und fleißige Cyliax genutzt, um sich eine Grundlage für seinen späteren Wohlstand zu legen. Sein sportlicher Weg blieb mit vielen Siegen gepflastert. Denn er gewann 1965 mit dem BVB in Hannover gegen Alemannia Aachen den DFB-Vereinspokal und ein Jahr später unter Trainer Willi Multhaup auch noch den Europapokal der Pokalsieger durch den legendären 2:1-Erfolg nach Verlängerung über den englischen Meister FC Liverpool in Glasgow. "Damals hatten wir den Gipfel unseres Könnens erreicht", resümierte er voller Stolz.
Die letzten Erfolge seiner glanzvollen Karriere, zu der auch das sagenhafte 5:0 über Benfica Lissabon am 4. Dezember 1963 gehörte, feierte der schnellste Spieler seiner Zeit dann als rechter Verteidiger. Auf dieser Position kam ihm seine Schnelligkeit genauso zu Gute wie vorher im Angriff. Trotz der Abwehraufgabe erlahmte sein Stürmerblut nie. Denn sein Torinstinkt blieb ihm stets erhalten. Dies bewies er vornehmlich im Halbfinale des Europapokals 1966 gegen Westham United. Beim 3:1-Sieg schoss er eines seiner zwei Europacup-Tore in zwölf Spielen. In seinen 101 Bundesligaspielen für den BVB war er sechsmal erfolgreich.
1968 musste Cyliax wegen anhaltender Kniebeschwerden seine Laufbahn als 34-Jähriger beenden. "Ich bin dankbar, dass ich den Weg als Profi einschlagen durfte. Doch noch schöner war es, mit den großen Borussen-Mannschaften in Deutschland und Europa so viele Erfolge zu feiern", blickte er stets dankbar zurück.
Borussia verliert eine der ganz großen Persönlichkeiten, einen Menschen, der das Herz "auf dem rechten Fleck" hatte.
Fritz Lünschermann

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